Krieg ist weltweit die zentrale Fluchtursache. Laut Angaben des Flüchtlingshilfswerks der Vereinten Nationen UNHCR gab es im Jahr 2015 fast 68,5 Millionen Menschen, die aufgrund bewaffneter Konflikte und Gewalt von ihrem Zuhause vertrieben waren. In den letzten zehn Jahren haben sich die Flüchtlingszahlen aufgrund von Krieg und Gewalt fast verdoppelt. Und in allen zehn Staaten, die 2017 die größten Fluchtbewegungen zu verzeichnen hatten, herrschte Krieg oder ein bewaffneter Konflikt.
Als mit dem Fall der Mauer in Deutschland die Nachkriegsordnung, die die Welt seit Ende des Zweiten Weltkriegs dominierte, zusammenbrach, schien eine Ära des Friedens weltweit möglich. Der Ost-West-Konflikt mit seinem bedrohlichen Potential eines Atomkriegs war beendet. Nun, ein Vierteljahrhundert später, hat sich diese Hoffnung auf Frieden als trügerisch erwiesen. Anstelle der alten Ordnung, die unterschiedliche Konflikte entlang der Ost-West-Achse sortierte und einhegte, leben wir heute in Zeiten einer neuen Unordnung, in der sich lokale Konflikte sehr schnell in unübersichtliche internationale Konflikte mit einer unüberschaubaren Zahl an ausländischen Akteuren verwandeln. Der Syrien-Konflikt steht dafür geradezu beispielhaft mit den USA, Russland, Saudi-Arabien, Iran und der Europäischen Union als Beteiligte, die entweder direkt oder indirekt in die kriegerischen Auseinandersetzungen involviert sind.
Jedes Jahr verkauft Deutschland für mehrere Milliarden Euro Waffen und Rüstungsgüter in alle Welt. Nach den USA, Russland, China und Frankreich gehört Deutschland zu den größten Waffenexporteuren weltweit.
Während des Kalten Krieges gab es verheerende Stellvertreterkriege, die viele zivile Opfer forderten. Mit den USA und der Sowjetunion waren jedoch die internationalen Player überschaubar. Dem Konflikt zugrunde lagen unterschiedliche Ideologien und Systeme. Mit dem Ende dieses Konflikts der „Supermächte“ gelang es, manche der Stellvertreterkriege zu befrieden. So zum Beispiel in Angola und Mozambique. Andere jedoch verwandelten sich nach kurzer Atempause wieder in Konfliktzonen, in denen die Weltordnung, die von einer Globalisierung der kapitalistischen Wirtschaft geprägt ist, mit kriegerischen Mitteln neu ausgefochten wird. Einschneidende Ereignisse in diesem Sinne sind die US-amerikanisch geführte Intervention in Afghanistan nach dem Anschlag auf das World Trade Center in New York im Jahr 2001, der ebenfalls von den USA angeführte Krieg gegen das diktatorische Regime im Irak 2003, die internationale Libyen-Intervention 2011, der kriegerische Konflikt in der Ost-Ukraine oder der 2015 ausgebrochene Krieg im Jemen.
Die Folgen dieser Entwicklung sind fatal: Allein aus der umkämpften Ostukraine brachten sich bis zu zwei Millionen Menschen in Sicherheit, aus Syrien weit über sechs Millionen. In Kriegsregionen wie Afghanistan oder Somalia dauert das Flüchtlingsschicksal schon seit Generationen an. Hunderttausende Somalis leben zum Beispiel seit den 1990er-Jahren in Dadaab, einem der größten Flüchtlingslager der Welt, in der Wüste im benachbarten Kenia. Die fortgesetzte Verfolgung und brutale Vertreibung der muslimischen Minderheit der Rohingya aus Myanmar hat in Bangladesch riesige Flüchtlingslager entstehen lassen. Dort leben aktuell über eine Million Rohingya unter menschenunwürdigen Bedingungen. Es zeichnet sich bei all den genannten Konflikten ab, dass eine Lösung nicht in Sicht ist, da sie eines politischen Willens aller Beteiligten bedürfte, eigene politische und ökonomische Interessen hintanzustellen, um zu einer Befriedung zu gelangen. Vom Frieden gar nicht zu reden.
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