Fluchtursache

Umweltzerstörung und Klimawandel

Allein 2017 wurden 18,8 Millionen Menschen von Naturkatastrophen zur Flucht gezwungen. Im Jahr 2050 könnten es 200 Millionen sein.

Von der Rodung tropischer Wälder über die Verseuchung des Grundwassers bis zu Zwangsumsiedlungen für den Bau von Staudämmen – überall auf der Welt sorgen Eingriffe in die Natur durch den Menschen dafür, dass andere ihr Zuhause verlassen müssen. Manche dieser Phänomene sind lokal begrenzt. Der Klimawandel hingegen kennt keine Grenzen, seine Folgen sind weltweit zu beobachten.

Angesichts einer auf stetiges Wachstum ausgerichteten Produktionsweise und einer verschärften Konkurrenz auf dem Weltmarkt nehmen der Raubbau und die Ausbeutung der natürlichen Ressourcen zu. Die Verbrennung fossiler Brennstoffe wie Kohle, Öl und Gas, aber auch die zunehmende Entwaldung sowie die intensive Land- und Viehwirtschaft verursachen die hohe Treibhausgaskonzentration in der Erdatmosphäre, die unser Klima bedroht. „Diese Wirtschaftsweise hat zwar – besonders in der westlichen Welt – zu einem erheblichen Anstieg des Wohlstands geführt, ging und geht aber mit massiv ungleicher Verteilung, rücksichtslosem Abbau von Rohstoffen und enormer Umweltverschmutzung einher“, heißt es in dem Positionspapier der Deutschen Plattform für Globale Gesundheit. Der steigende Meeresspiegel macht tief liegende, flache Küstenzonen und ganze Inselstaaten langfristig unbewohnbar. Böden und Grundwasser versalzen, Zahl und Ausmaß von Überschwemmungen nehmen zu. Immer häufiger kommt es zu extremen Wetterereignissen wie Wirbelstürmen und Sturmfluten. Steigende Temperaturen und lang anhaltende Trockenzeiten erschweren die Landwirtschaft und verschlechtern den Zugang zu sauberem Wasser.

Die meisten dieser Veränderungen sind schleichend. Dennoch haben sie dramatische Auswirkungen, allerdings nicht überall in gleichem Maße. Der Klimawandel wird am stärksten die so genannten Entwicklungsländer im globalen Süden treffen – und damit diejenigen, die am wenigsten zu ihm beigetragen haben. Der CO2-Verbrauch pro Kopf unter den reichsten zehn Prozent ist dreißig Mal höher als der Emissionsverbrauch pro Kopf der 50 Ärmsten Prozent der Weltbevölkerung. Eine einzige Flugreise von Frankfurt am Main nach Sydney und zurück setzt so viel CO2 frei wie die meisten der rund eine Milliarde Menschen, die mit weniger als einem US-Dollar pro Tag auskommen müssen, während ihres ganzen Lebens zu verantworten haben. Auch innerhalb aller Länder gibt es eine riesige Kluft zwischen den Ärmeren und denjenigen, die sich einen klimaschädlichen Lebensstil leisten können – von der Mobilität über die Nutzung von Elektrogeräten bis zu einem hohen Fleischkonsum. Gleichzeitig haben Entwicklungsländer weit weniger Chancen als Industriestaaten, sich durch technische Maßnahmen zu wappnen und an veränderte Klimabedingungen anzupassen.

Seit der Jahrtausendwende soll sich die Zahl der Klima- und Umweltflüchtlinge der International Organisation für Migration (IOM) zufolge von 25 auf 50 Millionen verdoppelt haben; für das Jahr 2050 werden bereits 200 Millionen Umweltflüchtlinge prognostiziert. Besonders betroffen sind Bangladesch, viele Inseln im Südpazifik und die Länder der Sahelzone in Afrika. Gleichwohl kennt die Genfer Flüchtlingskonvention von 1951 noch keine Umwelt- bzw. Klimaflucht; der völkerrechtliche Status dieser Gruppe von Flüchtlingen ist bis heute völlig ungeklärt. Für die Betroffenen gibt es daher weder juristischen Schutz noch zuständige Institutionen. Auch im deutschen Asylrecht finden Klimaflüchtlinge keine Anerkennung.

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Veröffentlicht am 15. April 2023

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