Fluchtursache

Diskriminierung und Verfolgung

Verfolgung und Diskriminierung zwingen Menschen in vielen Ländern der Welt, ihr Zuhause zu verlassen.

Alle Menschen sind frei und gleich an Würde und Rechten geboren. Jeder hat Anspruch auf alle in dieser Erklärung verkündeten Rechte und Freiheiten, ohne irgendeinen Unterschied, etwa nach Rasse, Hautfarbe, Geschlecht, Sprache, Religion, politischer oder sonstiger Anschauung, nationaler oder sozialer Herkunft, Vermögen, Geburt oder sonstigem Stand. Jeder hat das Recht auf Leben, Freiheit und Sicherheit der Person.“ So heißt es in den ersten drei Artikeln der UN-Menschenrechtscharta. Es sind glasklare Formulierungen, die auch in die Verfassungen zahlreicher Staaten aufgenommen wurden. Zwischen diesen Idealen und der Realität besteht jedoch ein gewaltiger Graben.

Zumeist ist es die stumme Gewalt der Lebensverhältnisse, die Menschen ein Leben in Würde, Freiheit und Sicherheit unmöglich macht. Überall dort, wo Menschen keinen Zugang zu sauberem Wasser, ausreichend Nahrung, einem Dach über den Kopf, zu Bildung und Gesundheit haben, werden ihre Rechte missachtet. Darüber hinaus werden Menschen in ihren Rechten durch Gesetze und staatliches Handeln beschnitten. Das zeigt auch der jüngste Bericht von Brot für die Welt. Ihm zufolge schränken sechs von zehn Regierungen weltweit die Meinungsfreiheit ein. In mindestens sieben von zehn Ländern werden Menschen gefoltert oder anderweitig misshandelt. In 78 Ländern gibt es Gesetze, die einvernehmliche sexuelle Beziehungen zwischen gleichgeschlechtlichen Erwachsenen unter Strafe stellen. Das sind nur einige Beispiele, die zeigen, dass die Verfolgung von politischen Meinungen und von der Mehrheit abweichenden Lebensweisen auf der Welt nicht die Ausnahme, sondern die Regel darstellt. Es zeigt aber auch das Scheitern der Annahme, die Einbindung von Staaten und Märkten in eine globale Wirtschaft würde das Entstehen von demokratischen und freiheitlichen Verhältnissen fördern. In vielen Ländern funktioniert eine kapitalistische Wirtschaftsweise auch ohne Demokratie und den Schutz der Menschen vor Verfolgung.

In mindestens sieben von zehn Ländern werden Menschen gefoltert oder anderweitig misshandelt.*

Nach Angaben der Vereinten Nationen werden weltweit mehrere Hundert Millionen Menschen aus den jeweiligen Gesellschaften ausgegrenzt, benachteiligt und zum Teil auch verfolgt, weil sie einer ethnischen oder religiösen Minderheit angehören. Hierzu zählen zum Beispiel die tamilische Minderheit auf Sri Lanka, die Angehörigen der jesidischen Religion im Irak, die Kurdinnen und Kurden in der Türkei sowie die Rohingya in Myanmar. Die Diskriminierung durch den Staat verlängert sich oft auch in die Gesellschaft – etwa dann, wenn Menschen aufgrund ihrer Religion, ihres Aussehens oder ihrer Identität auf dem Wohnungs- oder dem Arbeitsmarkt benachteiligt werden.

Verfolgung und Diskriminierungen zwingen überall auf der Welt Menschen dazu, ihr Zuhause zu verlassen und anderswo Schutz, Freiheit und Gerechtigkeit zu suchen. Aus wenig anderen Ländern Afrikas etwa kommen so viele Flüchtlinge nach Europa wie aus Eritrea. Vertrieben werden sie nicht von einem Krieg – sie fliehen vor Zwangsarbeit, unbefristetem Militärdienst und willkürlichen Inhaftierungen. Im Zuge der Bekämpfung von Fluchtursachen hat die Europäische Union im Herbst 2015 dennoch beschlossen, 200 Millionen Euro an Eritrea zu zahlen, um die Auswanderung zu begrenzen. Die Gelder gehen an das autoritäre Regime, das für die massiven Menschenrechtsverletzungen im Land verantwortlich ist.

Deutschland hat alle internationalen Übereinkommen zum Schutz der Menschenrechte unterzeichnet. Gleichzeitig vergibt die EU jedoch Milliarden an Staaten wie Eritrea, Sudan, Marokko oder die Türkei, wo die Menschenrechte systematisch missachtet werden, damit sie Menschen von der Flucht in Richtung Europa abhalten.

Weiterlesen: Nicht verfolgt, aber diskriminiert - Die Situation der Roma im Kosovo treibt viele ins Ausland

 

* „Ending the Torture Trade”, unter: https://www.amnesty.de/suche?keys=folter

Veröffentlicht am 15. April 2023

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