Armut macht krank – und Krankheit macht arm. Weltweit leiden rund 700 Millionen Menschen unter extremer Armut. Das heißt, dass fast jeder zehnte Mensch hungrig schlafen geht. Doch selbst wenn Menschen „genug zum Überleben“ haben, bedeutet das nicht, dass sie ein Leben unter menschenwürdigen Bedingungen führen können. Wenn Menschen keinen Zugang zu gesunder Ernährung haben, zu sauberem Wasser und sanitären Anlagen, zu guten Arbeitsbedingungen und Bildung, gilt ihr Recht auf Leben nur eingeschränkt. Die Ungleichheit kann beziffert werden: In Mali sterben 178 von 1.000 lebend geborenen Kindern bevor sie das fünfte Lebensjahr erreichen. In Deutschland sind es vier. Auch die Lebenserwartung verdeutlicht die soziale Spaltung: Wer in Deutschland lebt, wird durchschnittlich 81 Jahre alt, in Sierra Leone nur 47 – also 34 Jahre weniger.
Die Unterschiede zeigen sich auch im Zugang zu medizinischer Versorgung. Nur in wenigen Ländern des globalen Südens gibt es ein funktionierendes, allgemein zugängliches Gesundheitssystem, vielerorts fehlt es an Fachpersonal. In Mali etwa muss sich ein Arzt oder eine Ärztin im Schnitt um 10.000 Menschen kümmern, in Deutschland sind es 39 Ärztinnen und Ärzte. Die heutige Misere ist auch dadurch entstanden, dass zahlreiche Staaten die Ausgaben für Gesundheit massiv gekürzt haben. Dazu waren sie u.a. aufgrund der Strukturanpassungsprogramme gezwungen, die ihnen von der Weltbank und dem Internationalen Währungsfonds als Bedingung für Kreditvergabe oder Schuldenerlass auferlegt worden waren. Öffentliche Krankenhäuser wurden geschlossen oder an private Anbieter abgetreten, bei denen jede Leistung von den Patientinnen und Patienten bezahlt werden muss. Wer arm ist, findet oftmals gar keinen Arzt und keine Ärztin oder kann sich die Behandlung und die Medikamente nicht leisten. Viele verschulden sich und sind am Ende ärmer als zuvor. All das müsste nicht sein, denn es ist genug für alle da. Allerdings ist der Reichtum extrem ungleich verteilt. In den Entwicklungs- und Schwellenländern des Südens leben 84 Prozent der Weltbevölkerung. Während sie 92 Prozent der weltweiten Krankheitslast tragen, kommen ihnen nur 16 Prozent der globalen Ausgaben für Gesundheit zugute. Hieran hat ihre Einbindung in den Weltmarkt nichts geändert – im Gegenteil. Zwar haben die Internationalisierung der Produktion und Freihandel auch Wohlstand geschaffen und soziale Aufstiege ermöglicht. Gleichzeitig aber haben sie die sozialen Ungleichheiten verschärft: Allein in den letzten fünf Jahren hat sich das Vermögen der ärmeren Hälfte der Weltbevölkerung fast halbiert, während die Reichen noch reicher geworden sind. Heute besitzen die 42 reichsten Menschen der Welt so viel wie die ärmere Hälfte der Weltbevölkerung, rund 3,7 Milliarden Menschen.
Die acht reichsten Männer der Welt besitzen so viel wie die ärmere Hälfte der Weltbevölkerung, rund 3,6 Milliarden Menschen.
Flucht ist für die Allerärmsten oft kein Ausweg. Denn wer nicht genug zu essen und zu trinken hat, kann sich die Kosten einer Flucht nicht leisten. Daher migrieren oft eher diejenigen, die mindestens über das Allernötigste verfügen, vor Ort aber keine Perspektive mehr sehen. Auswanderung einzelner Angehöriger ist zu einer Überlebensstrategie für ganze Familien geworden. So sind in den vergangenen Jahren Tausende philippinische Krankenschwestern ausgewandert. Während sie zuhause durchschnittlich 146 US-Dollar im Monat verdienen, sind es in den Golfstaaten 500 Dollar, in den USA 3.000 Dollar (Zahlen von 2003). Die zurück gebliebenen Familien leben davon, dass wenigstens eine Tochter im reichen Norden untergebracht werden konnte und Geld nach Hause schickt.
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