Erklärung

Der Einsatz für Menschenrechte ist kein Terrorismus

Nachdem die israelische Regierung bereits im Oktober 2021 sechs palästinensische Einrichtungen zu Terrororganisationen eingestuft hatte, ohne Beweise für ihre Anschuldigungen vorzulegen, drang die israelische Armee in den frühen Stunden des 18. August gewaltsam in deren Büros im besetzten Westjordanland ein, beschlagnahmte Computer, Server sowie andere Geräte, schweißte deren Eingänge zu und ordnete ihre Schließung an. Unter den betroffenen Organisationen befinden sich auch die langjährigen medico-Partnerorganisationen Al Haq und UAWC.

medico international und acht weitere deutsche Organisationen beziehen öffentlich Stellung gegen die allem Anschein nach politisch motivierte Kriminalisierung der palästinensischen Zivilgesellschaft, indem sie die folgende Erklärung abgegeben haben, die in der Wochenendausgabe der Zeitung taz am 3. September als Anzeige erschienen ist:

Im vergangenen Jahr erklärte die israelische Regierung prominente Einrichtungen der palästinensischen Zivilgesellschaft ohne Beweise zu Terrororganisationen. Deutschland und zehn weitere europäische Staaten, die US-Regierung und die Europäische Union gaben vor wenigen Wochen nach sorgfältiger  Prüfung des ihnen vorgelegten Materials öffentlich bekannt, darin keine substantiellen Belege für die Anschuldigungen gefunden zu haben. Sie haben die Fortsetzung ihrer Unterstützung für die palästinensischen Organisationen bekräftigt. Am 18. August drang die israelische Armee dann in deren Büros ein, um ihre Schließung dennoch durchzusetzen.

Der Einsatz für Menschenrechte, die Dokumentation von Rechtsbrüchen, Rechtshilfe für Betroffene und das Ringen um den Zugang zu Wasser und Land sind kein Terrorismus, sondern gehören zum Kern von Menschenrechtsarbeit in aller Welt.

Die jüngste Eskalation im Vorgehen der israelischen Regierung reiht sich in den globalen Trend repressiver Politik gegen Menschenrechtsorganisationen ein: Kritiker:innen unrechtmäßiger Politik werden durch Terrorismus- und andere Vorwürfe kriminalisiert und mit willkürlicher Verhaftung bedroht.

Die betroffenen Organisationen erheben ihre kritischen Stimmen auch gegen massive Menschenrechtsverletzungen der Palästinensischen Autonomiebehörde und ihres Sicherheitsapparats. Ihr Verbot schwächt nicht nur die innerpalästinensische Auseinandersetzung um Demokratie und Menschenrechte, sondern trägt auch zum Erhalt des Status quo bei, der von israelischer Landnahme und völkerrechtswidrigem Siedlungsbau geprägt ist.

Wir verurteilen die unbegründeten Einstufungen in aller Entschiedenheit und erklären uns solidarisch mit den international respektierten Organisationen und ihren Mitarbeiter:innen in den besetzten palästinensischen Gebieten und all denjenigen in Israel, die sich für Menschenrechte und die Einhaltung des internationalen Rechts einsetzen und dort Anfeindungen ausgesetzt sind.

European Center for Constitutional and Human Rights e.V.
Forum Ziviler Friedensdienst e.V.
KURVE Wustrow e.V.
medico international e.V.
Misereor e.V.
NRC Deutschland 
Oxfam Deutschland e.V.
pax christi – deutsche Sektion e.V.
Weltfriedensdienst e.V.

Veröffentlicht am 02. September 2022

Jetzt spenden!