Covid-19

Vorbild Australien?

Die Eindämmung des Coronavirus in Australien beruht auch auf einem harten Grenzregime, das bis in die Kolonialzeit zurückreicht. Davon kann die Erfolgsmeldung nicht abstrahieren. Von Brett Neilson.

„Man kann das Virus bezwingen, wenn man die richtigen Maßnahmen ergreift.“ Das sind die Worte von Mark McGowan, dem Ministerpräsidenten von Western Australia – dem größten der acht australischen Bundesstaaten und Territorien. Auf einem Gebiet, das ungefähr der Fläche von Westeuropa entspricht, hatte Western Australia zwischen dem 11. April 2020 und dem 30. Januar 2021 keinen einzigen Fall einer Übertragung von Covid-19 über kleinste Kreise hinaus gemeldet. Alle neu auftretenden Fälle waren internationale Reisende oder enge Kontaktpersonen von bereits Infizierten. Dafür hat Western Australia sowohl auf „weiche“ als auch auf „harte“ Maßnahmen gesetzt: einen anfänglichen leichten Lockdown von weniger als einem Monat, strikte Grenzschließungen und, als Antwort auf die Infizierung eines Arbeiters in einem Quarantänehotel, einen harten Lockdown von fünf Tagen.

In Australien haben Bundesstaaten und Territorien ihre Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie weitgehend selbst bestimmt – auf gesetzlichen Grundlagen, die vor der Pandemie kaum zur Anwendung kamen. Die verschiedenen Ansätze der einzelnen Staaten und des nahegelegenen Neuseelands wurden oft miteinander verglichen. Die zentrale Bedeutung der Grenzpolitik für die Maßnahmen in den Blick zu nehmen, bietet einen Anhaltspunkt, um zu verstehen, ob sie auch in anderen Teilen der Welt funktionieren könnten oder bis zu welchem Grad sie abhängig von bestimmten geografischen, historischen und politischen Eigenheiten sind.

Harte Grenzschließungen, auch intern

Obwohl Australien seine internationalen Grenzen am 20. März 2020 schloss und eine zweiwöchige Hotelquarantäne für zurückkehrende Staatsbürger:innen und andere ständige Einwohner:innen anordnete, folgten die Staaten bald dem Beispiel und schlossen die internen Grenzen. Es entstand eine noch nie dagewesene Situation, in der Reisen zwischen den Staaten monatelang unmöglich waren. Als Lockdowns und andere Maßnahmen des öffentlichen Gesundheitsschutzes die Situation entspannten, wurden die Binnengrenzen wieder geöffnet und die Quarantänebestimmungen für Reisen von Neuseeland nach Australien gelockert. Neu auftretende Infektionen führten zu erneuten, selektiven Schließungen der Binnengrenzen: Bestimmte Staaten verboten die Einreise aus anderen ganz oder ließen sie nur unter Bedingungen zu. Zum Beispiel schloss New South Wales seine Grenze zu Victoria ab Juli 2020 für über drei Monate, nachdem auf die Infektion eines Mitarbeiters und privater Wachleute eines Quarantänehotels in Melbourne mit einem 112-tägigen Lockdown reagiert wurde. Im Dezember 2020, als Sydney einen Ausbruch erlebte, wurde Menschen aus diesem Bundesstaat die Einreise in die meisten anderen verwehrt, obwohl die Bestimmungen im Laufe der Zeit variierten: Einige Bundesstaaten verweigerten die Einreise nur für Personen aus Sydney oder bestimmten Hotspots; andere verlangten Tests, Quarantäne oder Selbstisolierung.

Die kleinste Veränderung der gemeldeten Covid-Fälle kann nun Grenzschließungen auslösen. Als beispielsweise South Australia im November 2020 drei Ansteckungen meldete, die über engste Kreise hinaus gingen, schloss Western Australia sofort seine Grenze zu diesem Bundesstaat und verlangte einen Zeitraum von 28 Tagen ohne neue Covid-Fälle, bevor die Grenze wieder geöffnet werden könne. Im Januar 2021, als Neuseeland drei Übertragungen des sogenannten südafrikanischen Covid-Stammes meldete, setzte Australien den quarantänefreien Reiseverkehr aus, überließ es aber den Bundesstaaten zu entscheiden, welche Vorkehrungen für Reisende getroffen werden sollten, die trotzdem fliegen wollten.

Die Situation bezüglich der Mobilität zwischen den Staaten in Australien ist verwirrend geworden. Obwohl es öffentlichkeitswirksame Einsprüche gegen die Schließung von Binnengrenzen gegeben hat, einschließlich einer Verfassungsbeschwerde durch einen populistischen Politiker, hat sich die Bevölkerung im Allgemeinen den Einschränkungen gefügt. Western Australia – ein Staat, der seit langem separatistische Tendenzen hegt – war am ehesten vorbereitet, seine Grenzen abzuriegeln. Dieser Bundesstaat teilte sogar sein eigenes Territorium in dreizehn verschiedene Regionen auf und verbot für fast zwei Monate den Verkehr zwischen ihnen. Victoria hat ein Ampelsystem eingeführt, das die Einreise auf Grundlage der Einteilung des restlichen Landes in rote, orange und grüne Zonen beschränkt, die keiner etablierten politischen Geografie folgen. Die Situation kann sich plötzlich verändern, wenn Gesundheits- und Reiserichtlinien infolge neuer Daten der epidemiologischen Modelle angepasst werden. Zeitungen veröffentlichen Führer, die die Möglichkeiten, sich zwischen Reisezielen zu bewegen, aufführen. Durch das Chaos hindurch ist es jedoch möglich, ein Muster zu erkennen. Staaten, die weniger Reiseverkehr haben, waren eher zu harten Grenzschließungen bereit. Die Entscheidung von New South Wales, dem bevölkerungsreichsten Bundesstaat, softere Lockdowns zu verhängen und die Wirtschaft offen zu lassen, hat ebenfalls zu dieser Bereitschaft beigetragen, harte Grenzen zu errichten.

Operation „Sovereign Borders“

Die Grundlage für die Vervielfachung der internen Grenzen ist Australiens internationales Einreiseverbot und die Schließung der Außengrenzen seit März 2020. Während die Strenge der Lockdowns in den einzelnen Bundesstaaten variiert, ist es paradoxerweise das System der Hotelquarantäne, das nun für erneute Ausbrüche und die entsprechenden Reaktionen gesorgt hat. In vielen Fällen waren es Fahrer:innen, Wachpersonal oder Hotelangestellte mit unsicheren und befristeten Verträgen, die sich angesteckt haben. Regierungen und Gesundheitsbehörden mögen die Lockdowns und Grenzschließungen unterschiedlich gehandhabt haben, aber entweder durch Glück oder Berechnung haben sie letztlich zu ähnlichen Ergebnissen geführt. Für einen Inselkontinent wie Australien, der nichtsdestotrotz durch stark frequentierte internationale Flugrouten mit der Welt verbunden ist, charakterisiert die Härte der Grenzschließungen wahrscheinlich besser die Bemühungen zur Pandemiekontrolle als die relative Härte der Lockdowns in verschiedenen Staaten. Mit anderen Worten: Unabhängig davon, ob die Staaten Strategien der Eliminierung oder der Eindämmung verfolgten, ob sie versuchten, das Virus zu töten oder mit ihm zu leben, war die Schließung und Kontrolle der Grenzen das entscheidende Merkmal der Reaktion.

Die gesellschaftliche Debatte in Australien hat sich im Allgemeinen mehr um die Härte von Lockdowns als um Fragen der Grenzkontrolle gedreht. Linke Kritiker:innen und Mitte-Links-Regierungen haben im Allgemeinen härtere Lockdowns bevorzugt und die Förderung von Gesundheit und Leben über die Wirtschaft gestellt. Gleichwohl wurden diese Positionen abgeschwächt infolge der sozialen Kritik daran, wie ungleich Lockdowns den Zugang zu Pflege, Nahrung, Geld und Arbeit verteilen. Infolge der ersten Welle von Lockdowns im März/April und mit der Ausnahme von Victoria haben die Staaten Lockdown-Strategien gewählt, die darauf abzielen, die aus der Pandemie resultierende kapitalistische Krise zu stabilisieren. Im Falle des Ausbruchs vom Dezember 2020 in New South Wales waren dies weiche, geografisch gezielte Maßnahmen. Für andere Staaten waren es harte, aber kurze Reaktionen auf Fälle, die die Quarantäneschranken übersprungen hatten.

Die gesellschaftliche Debatte über Grenzen ist seitdem fragmentiert, je nachdem, über welche Grenzen diskutiert wird. Die australische Bundesregierung zum Beispiel hat oft die Schließung der Binnengrenzen kritisiert, aber die Schließung der internationalen Grenze rigoros verteidigt. Die linke Kritik hat sich eher auf die internationale Grenze konzentriert, obwohl es durchaus auch links-nationale Befürworter:innen ihrer harten Schließung gibt. In erster Linie an ein internationales Publikum gerichtet, hat diese Kritik betont, wie die Grenzschließung nationalistische Tendenzen verschärft und epidemiologische Wissenspraktiken verstärkt, die auf nationalen Klassifizierungen basieren. Dies sind jedoch keine Bedenken für die große Mehrheit der Bevölkerung, die zwar Frustration über Grenzschließungen, insbesondere zwischen Staaten, empfinden mag, aber die Schließung der internationalen Grenze als einen notwendigen präventiven Schritt versteht.

Wie Wendy Brown (2020) anmerkt, rührt der Zustand der Pandemie zwar von der Tatsache her, dass Mikroben keine Grenzen respektieren, doch die Grenzschließungen dienen „der wichtigen politischen Funktion, das Virus so zu behandeln, als ob es von außen in uns eingedrungen wäre, und so zu handeln, als ob wir dieser Bedrohung mit souveräner Macht begegnen würden.“ Australiens Inselgeografie und die Maßnahmen, die seit September 2013 ergriffen wurden, um die Grenzen des Landes im Rahmen der vom Militär geführten Operation „Sovereign Borders“ (dt. Souveräne Grenzen) gegen irregulär Einreisende abzuschotten, haben die Bevölkerung darauf vorbereitet, die Kontrolle der Regierung über die Grenzen als total und effektiv wahrzunehmen. Wurden die im Rahmen der Operation durchgeführten maritimen Blockaden mit der „Rettung von Menschenleben auf See“ gerechtfertigt, so stellt sich die Schließung der Covid-Grenzen ebenfalls als eine Übung zur „Rettung von Menschenleben“ dar, auch wenn es sich diesmal um das Leben der gesamten Bevölkerung handelt und nicht nur um das der illegalisierten Migrant:innen.

Zweifellos hat die rigide Migrationspolitik der letzten Zeit die Erwartungen der Bevölkerung in Bezug auf die Undurchdringlichkeit der australischen Grenzen erhöht und eine zirkuläre Logik aufrechterhalten, durch die die Wahrnehmung einer effektiven Grenzüberwachung immer größere Investitionen in die Grenzsicherung verstärkt und gerechtfertigt hat – und umgekehrt. Die politische Möglichkeit, Grenzen zu schließen, ergibt sich jedoch nicht nur aus dem souveränen Sonderrecht, das in diesen Praktiken der Migrationskontrolle zur Schau gestellt wird, oder, im Fall der australischen Bundesstaaten, aus dem Präzedenzfall der verfassungsmäßigen Aussetzung der garantierten Binnenmobilität, um gesundheitliche Notfallmaßnahmen zu treffen. Australiens ängstliche und heftige Sorge um seine inneren und äußeren Begrenzungen rührt auch aus einer langen Geschichte von Quarantäne und Grenzkontrollen, die bis in die Kolonialzeit zurückreicht.

Rassismus, Nation und Hygiene

In „Imperial Hygiene“ dokumentiert Alison Bashford (2004), wie die Überschneidung von öffentlicher Gesundheit und verräumlichter biopolitischer Regierungstechniken die Verwaltung kolonialer und/oder nationaler Grenzen ab der Mitte des 19. Jahrhunderts beeinflusste. Sie hebt „tiefe kulturelle wie rechtliche Verbindungen zwischen Quarantänemaßnahmen und Maßnahmen zur Beschränkung der Einwanderung“ hervor. Bashford betont, dass rassistische Klassifizierungen, Nation und Hygiene in dieser Zeit in vielen kolonialen und nationalen Kontexten miteinander verflochten sind und verortet die Einzigartigkeit des australischen Falles in der Gleichzeitigkeit der Einführung von rassistischen Ausschlüssen mit dem Moment der Nationwerdung. Die Tatsache, dass rassistische Ausschlüsse der definierende Akt der neuen Nation waren, als die Kolonien 1901 zu Bundesstaaten wurden, macht „die Verbindungen zwischen ‚Rassenhygiene‘, nationaler Hygiene und der Konstituierung eines weißen Bürger-Körpers durch Ausschluss (wie auch durch selektiven Einschluss) sowohl prägend als auch eng.“

Relevant ist in diesem Zusammenhang auch die Geschichte Australiens als Siedlerkolonie, die auf der Eliminierung und Segregation der indigenen Bevölkerung beruht. Es gibt unzählige Fälle, in denen Aborigines gemustert, medizinisch untersucht, in Reservaten oder Missionen inhaftiert oder anderweitig in ihrer Mobilität eingeschränkt wurden. Wie Bashford aufzeigt, wurden diese Maßnahmen oft nicht mithilfe der Gesundheits- oder Strafgesetzgebung, sondern auf Grundlage der Gesetzgebung zum Schutz der Aborigines verfügt. Der Widerhall dieser Geschichte in der gegenwärtigen Ausbreitung der Binnengrenzen ist offensichtlich, besonders da Australiens Bundesstaaten oft Grenzschließungen zeitgleich mit Einschränkungen oder Vorschriften bekanntgegeben haben, die Reisen in abgelegene indigene Gemeinden regeln. Obwohl viele Räte der Aborigines die Aussetzung von Genehmigungen zum Betreten ihrer Territorien beantragt haben, haben die Regierungen auch den Zugang zu indigenen Wohnstätten im Namen des Schutzes der Aborigines eingeschränkt.

Die Mutationen dessen, was Bashford die „medizinisch-rechtliche Grenze“ nennt, hallen stark in zeitgenössischeren Darstellungen der australischen Grenz- und Migrationspolitik nach. Suvendrini Perera (2009) argumentiert zum Beispiel, dass Quarantäne-Arrangements zentral für die Imagination von Australien als einer „Insel der Weißen“ waren, entstanden durch die Enteignung von Indigenen und die Selektion/Ausgrenzung von Migrant:innen. Sara Dehm (2020) untersucht die Rolle der „medizinischen Grenze“ bei sowohl der Unterstützung als auch der Unterminierung des australischen Haftregimes für Einwanderer:innen. Sie erwähnt den Fall des sogenannten Medivac-Gesetzes: Bis zu seiner Aufhebung im Oktober 2019 erlaubte es für einen Zeitraum von weniger als sieben Monaten die Evakuierung von Internierten in Australiens Offshore-Haftzentren, die als medizinisch behandlungsbedürftig eingestuft wurden, auf das Festland. Viele dieser Migrant:innen waren und sind noch immer in Hotels untergebracht, die als behelfsmäßige Haftanstalten fungieren und eindringlich an die vorgeschriebene Hotelquarantäne von aus dem Ausland zurückgekehrten Bürger:innen und ständigen Einwohner:innen erinnern – eine Art endlose Quarantäne für Subjekte ohne Covid.

Der Fall von internationalen Studierenden, von denen viele aus China und Indien stammen, verdient ebenfalls Erwähnung. Seit der Schließung der internationalen Grenze hat die Regierung die Einreise dieser Studierenden nach Australien konsequent blockiert, obwohl sie australischen Staatsbürger:innen und dauerhaft Ansässigen gewährt wurde. Das hat die Budgets der Universitäten massiv angegriffen, die seit den 1990er Jahren infolge wiederholter Etat-Kürzungen auf internationale Studiengebühren angewiesen sind. Die Situation hat zur Entlassung vieler Universitätsangestellter geführt, die die Regierung auch von den für andere Sektoren geltenden Hilfsprogrammen ausgeschlossen hat. Diejenigen internationalen Studierenden, die im Land geblieben sind, wurden ebenfalls von diesen Programmen ausgeschlossen, da sie keine Staatsbürger:innen oder ständigen Einwohner:innen sind, was dazu geführt hat, dass sie sich kein Ausreiseticket leisten können und viele in überfüllte Unterkünfte und/oder Hunger gezwungen werden.

Keine Normalität

Australiens rassistische Geschichte scheint trotz des aktuellen multikulturellen Bevölkerungsprofils in dieser Art von Grenzpolitiken durch. Abgesehen davon, dass diese Maßnahmen das Infektionsrisiko eher der Nationalität und der Geografie zuschreiben als feinkörnigeren und potenziell genaueren Faktoren der Ansteckungsrisikos, ist die Möglichkeit, sie umzusetzen, nicht frei von geografischen und historischen Bedingungen, was bedeutet, dass sie nicht einfach als übertragbare Modelle verstanden werden sollten, die anderswo angewendet werden können. In einem Essay mit dem Titel „Traveling Theory“ beschreibt Edward Said (1983), wie politische und soziale Theorien, die in einem emanzipatorischen Umfeld geschmiedet wurden, reaktionäre Implikationen haben können, wenn sie in andere Teile der Welt verpflanzt werden. Etwas Ähnliches können wir aus Jamie Pecks und Nick Theodors „Fast Policy“ (2015) lernen, die veranschaulichen, wie eine Regierungsinitiative wie der Bürgerhaushalt, die radikal demokratische Implikationen hatte als sie im brasilianischen Porto Alegre geschmiedet wurde, die Austeritätsökonomie weiter verfestigte, als sie in New York City ankam. Vielleicht kann gerade etwas Ähnliches bei den Maßnahmen zur Pandemiebekämpfung beobachtet werden. Was auch immer die Vorzüge von Vorschlägen zur Eliminierung des Virus in Europa sein mögen, das entschlossene Handeln von Ländern wie Australien und Neuseeland zu loben, ist ein gefährliches Spiel der Abstraktion von den spezifischen Kontexten dieser Länder.

Zweifellos sind diese Behauptungen anfällig für eine Umkehrung durch diejenigen, die argumentieren, das Vorhandensein kolonialer und rassistischer Anklänge sei nur ein kleiner Preis für die Gesundheit einer Nation. Es besteht auch die Möglichkeit, die Grenzschließungen von der Wahrnehmung einer äußeren Bedrohung zu trennen. Neuseelands Premierministerin hat ihre Rhetorik sicherlich in diese Richtung gelenkt, obwohl sie sich ebenfalls damit gebrüstet hat, dass ihr Land die strengsten Grenzbeschränkungen der Welt habe. Es geht hier weder darum, Covid-Grenzmaßnahmen zu moralisieren, noch zu behaupten, dass die Erfolge Australiens und Neuseelands bei der Eindämmung der Pandemie nur ein Zufall der geografischen Gegebenheiten wären. Vielmehr zielt dieser Artikel darauf ab, die geografischen, historischen und politischen Faktoren zu skizzieren, die diese Länder dazu gebracht haben, harte Grenzschließungen durchzusetzen.

Das Ergebnis dieser Entscheidungen ist, dass – obwohl die Übertragungen gegen Null tendieren, mit Ausnahme der Ausbrüche in Sydney und Melbourne – das Leben nicht zur Normalität zurückgekehrt ist. Sicher, die Schulen sind geöffnet, die Arbeitsplätze heißen ihre Mitarbeiter:innen wieder willkommen, und viele Menschen tragen keine Gesichtsmasken mehr. Wie das Leben am Set von „The Truman Show“ können die Menschen den Schatten ihrer eigenen Angst sowie den der Menschen um sie herum nicht sehen. Alles scheint in Ordnung zu sein, bis man sich der Kante nähert, die dem Ganzen zugrunde liegt. Dahinter liegt eine Leere, ein Niemandsland, geschaffen von der politischen Imagination, die ihre Fähigkeit zur Grenzziehung als das wirksamste Mittel zum Schutz der Bevölkerung vor einer Mikrobe präsentiert, die sich nicht um Grenzen schert.

Nachweise:

Bashford, Alison. 2004. Imperial Hygiene: A Critical History of Colonialism, Nationalism and Public Health. Houndmills: Palgrave Macmillan.

Brown, Wendy. 2020. “A Worldwide Mutual Pact.” The Drift, June 24. https://thedriftmag.com/a-worldwide-mutual-pact/.

Dehm, Sara. “The Entrenchment of the Medical Border in Pandemic Times.” Border Criminologies, July 15. https://www.law.ox.ac.uk/research-subject-groups/centre-criminology/centreborder-criminologies/blog/2020/07/entrenchment.

Peck, Jamie and Nik Theodore. 2015. Fast Policy: Experimental Statecraft at the Thresholds of Neoliberalism. Minneapolis: University of Minnesota Press.   

Perera, Suvendrini. 2009. Australia and the Insular Imagination: Beaches, Borders, Boats and Bodies. Houndmills: Palgrave Macmillan.

Said, Edward. 1983. “Traveling Theory.” In The World, the Text, and the Critic, 226–247. Cambridge: Harvard University Press

Übersetzung: Julian Toewe

Brett Neilson

Brett Neilson ist Professor für Kultur und Gesellschaft an der Western Sydney University. Er ist Co-Autor der mit Sandro Mezzadra veröffentlichten Bücher Border as Method, or, the Multiplication of Labor (2013) und The Politics of Operations: Excavating Contemporary Capitalism (2019).

Veröffentlicht am 02. Februar 2021

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