Obwohl Bukeles Auftreten auf der politischen Bühne zunächst wie ein Bruch mit der Vergangenheit erschien, griff er schnell auf altbekannte Strategien zurück – etwa das Bündnis mit der Religion, um seinem autoritären Diskurs symbolische Legitimität zu verleihen. Im Verlauf seiner Amtszeiten wurde der patriarchale Kern seines Regierungsmodells immer deutlicher. Der Slogan „Gott, Vaterland und Familie“ ist zurückgekehrt – nicht nur in El Salvador, sondern im Kontext des Wiedererstarkens der lateinamerikanischen Rechten auch in Mexiko, Kolumbien und Ecuador.
Angesichts der großen Vielfalt an Identitäten, die die salvadorianische Gesellschaft heute prägt, festigte Bukele seine Macht zunächst durch einen ideologisch flexiblen Diskurs, der vor allem der Konzentration von Macht diente. Seit Beginn seiner Präsidentschaft baute er aber ein institutionelles Gefüge auf, das Frauen als politische Subjekte ausschließt und zugleich Distanz zu sexuellen Dissidenzen schafft. In der öffentlichen Debatte vermied er eine eindeutige Positionierung zwischen links und rechts. Dennoch steht sein Projekt klar in Kontinuität mit der neuen Rechten in der Region. Gleichzeitig folgt es – ohne dies offen zu benennen – dem Prinzip des freien Marktes.
Über die Ausgrenzung von Frauen und queeren Dissident:innen hinaus gilt es, den patriarchalen Charakter von Bukeles Regierungsweise zu verstehen. Ebenso die historischen Bedingungen, die diesen politischen Moment prägen. Wesentlich ist die Frage, wie sich das bestehende Machtmodell überhaupt entpatriarchalisieren lässt – ein Ziel, das verschiedene gesellschaftliche Gruppen mittlerweile als Perspektive formulieren.
Trotz seines innovativen Auftretens inszenierte Bukele von Beginn an eine politische Männlichkeit, die sich als rettende Ordnungskraft im angeblichen Chaos darstellt. In seinem ersten Wahlkampf suchte er gezielt die Nähe zu Gruppen, die unter den FMLN-Regierungen politische Teilhabe erfahren hatten: der LGBTIQ+-Community, Frauen und Jugendlichen. Immer wieder tauchen heute Fotos aus dieser Kampagne auf, die ihn im Gespräch mit Angehörigen dieser Gruppen zeigen – Bilder, die stark im Kontrast zu den politischen Maßnahmen und der Rhetorik stehen, die inzwischen den Kern seiner Regierung bilden.
Bukele nutzt den Populismus auf seine Weise. Oft wird er als rechtes Gegenstück zur linken Welle der 2000er Jahre beschrieben. Doch sein Populismus lässt sich nicht losgelöst vom Regierungsmodell analysieren, das ihn trägt. Betrachtet man Merkmale des Neopopulismus der 1990er Jahre – wie bei Menem in Argentinien oder Fujimori in Peru – lassen sich Parallelen erkennen. Fujimori etwa kam ohne Rückhalt einer Partei an die Macht und ersetzte die repräsentative Demokratie durch eine „effiziente Demokratie“. Diese neoliberale Sichtweise des Staates findet sich auch beim „coolen Diktator“, der heute in El Salvador regiert.
In seiner Antrittsrede 2019 beschrieb Bukele El Salvador als ein „krankes Kind“ und ernannte sich selbst zum „Vater“, der es heilen solle. Das Kind benötige eine „bittere Medizin“ sowie eine schmerzhafte Genesung, um zu heilen. Auf dieser Grundlage schloss er einen stillschweigenden Pakt mit seinen Anhänger:innen, die bereit waren, ihre Unterwerfung zu akzeptieren – getragen von seiner Sicherheitspolitik und einer Pädagogik der Grausamkeit.
Ein großer Teil der Bevölkerung war so bereit, seine Rechte im Austausch gegen Sicherheit aufzugeben. Für die Mehrheit genügte das Versprechen von Ordnung, um den Fortschritt seines Projekts der „nationalen Erneuerung“ zu legitimieren. Die Metapher vom Land als Kind und dem Präsidenten als Familienvater dient jedoch nicht nur als symbolisches Bild, sondern spiegelt sich auch in konkreten politischen Entscheidungen wider. Seine erste Maßnahme als Präsident bestand darin, das Ministerium für soziale Inklusion abzuschaffen, das das Programm „Ciudad Mujer“ leitete. Dieses Programm, das Frauen in Situationen von Gewalt und Ausgrenzung unterstützte, förderte außerdem Maßnahmen zugunsten älterer Menschen sowie der sexuellen Diversität.
Aus einer sozialpolitischen Perspektive ist die schrittweise Auflösung des Programms „Ciudad Mujer“ von zentraler Bedeutung. Obwohl es innerhalb der feministischen Bewegung Kritik und zahlreiche Verbesserungsvorschläge gab, markierte dieses Programm einen historischen Meilenstein in der sozialen Entwicklung des Landes. Seine Abschaffung symbolisiert die institutionelle Verfestigung des patriarchalen Diskurses und macht das politische Leitbild der Regierung Bukele deutlich sichtbar.
Die Erzählung des „starken Mannes“ – der schützt, bestraft und rettet – findet Resonanz in einem kollektiven Imaginationsraum, geprägt von Krieg, Massakern an indigenen Völkern und struktureller Gewalt. Die argentinisch-brasilianische Anthropologin Rita Segato weist darauf hin, dass sich das moderne Patriarchat in einer Pädagogik der Grausamkeit zeigt, die Herrschaft naturalisiert und ins Spektakel verwandelt. In El Salvador äußert sich diese Pädagogik nicht nur in den viral gegangenen Bildern gefangener vermeintlicher Gangmitglieder, sondern auch in der Kriminalisierung von Menschenrechtsverteidiger:innen – Gewalt wird so zur Regierungsform legitimiert.
Dieser Gott, dieses Vaterland und diese Familie sind tatsächlich der homophobe und antifeministische Gott, das klassistische Vaterland der Reichen und die heteronormative, patriarchale Familie. Nach und nach hat sich der Bukelismus als Verbündeter der konservativsten Rechten gezeigt. Im Zentrum seines Imaginationsraums steht die Figur der Präsidentengattin, die das hegemoniale Bild von Frau verkörpert – Betreuerin, Mutter und moralische Stütze – umgesetzt in öffentlichen Politiken, die Frauen in ihre traditionelle Rolle zurückdrängen. Auch in der staatlichen Gesundheitspolitik werden Frauen ausgeblendet.
Die patriarchale Logik zeigt sich auch im Ausschluss von Frauen aus Entscheidungsprozessen, in der systematischen Verweigerung sexueller und reproduktiver Rechte, in der symbolischen Verfolgung von Dissidenzen und in der Unsichtbarmachung von Sorgearbeit als staatspolitische Dimension. Weitere zentrale Beispiele sind das Wiederauftreten der Streitkräfte als gesellschaftlicher Akteur sowie die Stärkung des konservativ-patriarchalen Charakters des Regimes in der zweiten Amtszeit: Die neue Bildungsministerin Karla Trigueros – Frau, Militärangehörige und Ärztin – verkörpert die konservative Moral dieser Amtsperiode und hat die Zensur von Begriffen wie „Feminismus“, „Männlichkeiten“ oder „Klimawandel“ im Bildungssystem durchgesetzt. Ihre Ernennung nutzt die weibliche Figur, um ein zutiefst patriarchales Projekt zu legitimieren.
Die italienisch-amerikanische Philosophin und Aktivistin Silvia Federici erinnert daran, dass die Kontrolle über Körper und die Disziplinierung von Frauen zu den unsichtbaren Grundlagen des Kapitalismus und moderner Staaten gehört. Vor dem Hintergrund der aktuellen konservativen Rückwärtswende wird die Gegenwart als neues finsteres Zeitalter beschrieben, angelehnt an das europäische Mittelalter, in dem kirchliche Autoritäten Wissen kontrollierten und wissenschaftlichen wie philosophischen Fortschritt ausbremsten. Gleichzeitig entstanden aber auch Räume stillen Widerstands: An den Rändern des offiziellen Wissens blühten Wissensformen der Frauen auf.
Mit diesem Machthaber Bukele – wenig innovativ, aber medienwirksam – erleben wir den schrittweisen Abbau der Widerstandsstrukturen, während Initiativen, die das patriarchale Paradigma infrage stellen, heute auf besonders heftige Gegenreaktionen stoßen. Zugleich, da Frauen sich als politische Subjekte konstituieren und neue Identitäten entstehen, die Geschlechterhierarchien infrage stellen, reagieren die hegemonialen Akteure mit einer noch deutlicheren patriarchalen Reorganisation der Gesellschaft.
Die Entpatriarchalisierung von Macht in einer Gesellschaft, die nach „Werten“ und „Vaterdisziplin“ ruft, bedeutet nicht nur, jene zu entmachten, die dieses Modell verkörpern. Sie verlangt auch, die Formen aufzubrechen, in denen Macht in unseren Gemeinschaften ausgeübt wird. Doch wie weit lässt sich dieses Paradigma überwinden, wenn wir weiterhin nach patriarchaler Macht streben, die vom kapitalistischen Staat getragen wird?
Angesichts des erstarkenden ultrakonservativen Projekts brauchen wir politische Praxen, die das Leben ins Zentrum stellen. Wir müssen unsere Beziehungen zu Frauen, queeren Menschen und zur Natur neu denken. Die extreme Rechte rückt vor – mit der Vereinnahmung von Begriffen, oligarchisch-philanthropischer Finanzierung aus Europa, den USA und kirchlicher Unterstützung. Gegen Vereinzelung setzen wir auf strategische Bündnisse, auf Handeln, das keinen Schaden anrichtet, auf die Wiederbelebung von Narrativen der Hoffnung und darauf, Gemeinsamkeiten zwischen Bewegungen sichtbar zu machen.
Wenn die Rechte ihre Kräfte weltweit anhand gemeinsamer Interessen bündelt, warum fällt uns das so schwer? Nur durch eine politische Praxis, die entpatriarchalisierte und antikapitalistische Macht aufbaut, können wir die Figur des „rettenden Vaters“ hinter uns lassen – und den Boden für echte Befreiung schaffen.
Übersetzung: Benjamín Cortés Peralta





