Für ein Ende von Gewalt, Ausbeutung und Entrechtung
Unsere Projekte in Mexiko
In weiten Teilen Mexikos hat Gewalt eine scheinbar unaufhaltsame Eigendynamik entwickelt. Hierfür stehen 120.000 dokumentierte Fälle gewaltsamen Verschwindenlassens, femizidale Gewalt, brutale Massaker an Migrant:innen auf ihrem Weg Richtung USA und die Vertreibung, Bedrohung und Kriminalisierung indigener Gemeinschaften, die für ihre Rechte kämpfen.
Die allgegenwärtige Gewalt erstickt Initiativen und isoliert die Betroffenen. medico unterstützt Organisationen, die dem entgegenarbeiten – in der Begleitung von Folterüberlebenden und Angehörigen von Verschwundenen, beim Kampf um soziale Rechte und dbeim Einsatz für die Rechte und Autonomie indigener Gemeinden.
Die Gewalt in Mexiko trifft insbesondere diejenigen, die der Durchsetzung mächtiger Interessen im Wege stehen oder sich durch kollektive Lebensformen der Gewalt widersetzen – seien es kritische Journalist:innen oder Menschenrechts- und Umweltaktivist:innen, seien es indigene Gemeinden, die sich gegen die Zerstörung ihrer Lebensräume durch die Plünderung von Rohstoffen verteidigen oder queerfeministische Bewegungen, die gegen Feminizide und für körperliche Selbstbestimmung kämpfen.
Woher rührt diese Gewalt in einem Land, das über rechtstaatliche Strukturen verfügt und kaum eine Menschenrechtsklausel nicht unterzeichnet hat? Es wäre verkürzt, eine Ohnmacht des Staates gegenüber der ausufernden Gewalt zu beklagen. Tatsächlich ist er selbst auf vielfältige Weise darin verstrickt – das Spektrum reicht von der Beteiligung von Politiker:innen an illegalen Geschäften über korrupte Staatsbeamte, die im Zweifel wegsehen, bis zur unmittelbaren Täterschaft: Es sind zahlreiche Fälle dokumentiert, in denen Polizei und Militär an dem Verschwinden von Menschen, Schutzgelderpressung, Entführung, Mord und Massaker involviert sind.
Die Grenzen verschwimmen zwischen staatlichen und nicht-staatlichen Akteuren. Je nach Region kämpfen lokale Banden, Milizen, Unternehmen und politische Eliten mit- und gegeneinander. Ziel ist es, die Kontrolle über strategische Territorien zu erlangen, um Drogen, Waffen oder Migrant:innen zu schleusen, die Vorherrschaft über einen Wirtschaftssektor zu erlangen, Bauprojekte durchzusetzen oder andere Geschäfte zu machen. Die argentinisch-brasilianische Anthropologin Rita Segato spricht von einer neuen Art des Krieges. Es ist ein die gesamte Gesellschaft durchziehender Krieg mit unübersichtlichen Allianzen und Konkurrenzen.
Mexiko ist seit bald 20 Jahren Schauplatz dieses Krieges. In ihrer patriarchalen, ökonomischen und kolonial-rassistischen Verschränkung atomisiert die Gewalt die Gesellschaft. Sie sät Misstrauen, erzeugt Angst und destabilisiert soziale Bande. Um der alltäglichen Grausamkeit etwas entgegenzusetzen, braucht es solidarische Initiativen von unten: Es geht um Beistand und Selbstorganisierung, um die Anerkennung erlittenen Unrechts und die Verteidigung des Rechts auf Schutz und Unversehrtheit. Eben das leisten die medico-Partnerorganisationen in Mexiko.