Spaltung überwinden

Die Gewalt in Syrien eskaliert erneut – diesmal trifft sie Suweida, eine mehrheitlich drusische Stadt und Provinz im Süden des Landes. Die Berichte aus der Region sind erschütternd: Über 1.000 Menschen wurden bereits getötet, Zehntausende mussten fliehen. Häuser wurden geplündert und in Brand gesetzt, das zentrale Krankenhaus ist überlastet mit hunderten von Toten und Verletzten, Operationen sind kaum noch möglich. Die medizinische Versorgung steht vor dem Kollaps, Wasser und Strom sind knapp, viele Familien haben keinen Zugang zu Nahrungsmitteln oder Schutz.

Ein lokaler Konflikt zwischen Milizen der Drusen und bewaffneten (sunnitischen) Beduinen eskalierte, islamistische Gruppen mischten sich ein – es kam zu gezielten Angriffen auf die drusische Minderheit, ganze Dörfer wurden zerstört. Die staatlichen Strukturen versagten: Statt die Konfliktparteien zu trennen und zu deeskalieren, beteiligten sich Teile der Sicherheitskräfte der Regierung offenbar selbst an den Übergriffen. Die Stadt war tagelang belagert.

medico-Partner:innen bereiten Hilfe vor

In den ersten Tagen war keine Hilfe möglich, Mitarbeiter:innen des Syrischen Roten Kreuzes wurden vor Ort angegriffen. Inzwischen beginnen unsere Partner:innen in Syrien damit, direkte Hilfe zu organisieren: Der Kurdische Rote Halbmond aus Rojava hat Hilfstransporte vorbereitet und warten nun auf die Genehmigung aus Damaskus, nach Suweida fahren zu dürfen. Geliefert werden sollen medizinische Ausrüstung, Nahrungsmittel und dringend benötigte Güter des täglichen Bedarfs.

Die Dokumentation der Verbrechen ist jetzt zentral, um eine unabhängige Aufarbeitung zu garantieren. Ein Team einer medico-Partnerorganisation ist hierfür in Suweida bereits aktiv – unter hohem persönlichen Risiko. Es kommt jetzt auf die syrische Zivilgesellschaft an, die sich solidarisch zeigt und sich gegen die Gewalt und die konfessionellen und ethnischen Spaltungen stellt und konkrete Hilfe organisiert – nur so kann ein demokratisches Syrien, in dem alle Menschen die gleichen Rechte haben, doch noch eine Perspektive haben.

Stunde der Solidarität

Mit einer Spende für Syrien unterstützen Sie die geplante Nothilfe für Suweida und stärken die Zivilgesellschaft in Syrien. Für Gerechtigkeit, für ein Ende der Gewalt, für die Würde der Opfer.

Jetzt spenden!

Unsere Arbeit in Syrien

Texte, Informationen und Blog-Beiträge

18.09.2023 Menschenrechte und Gesellschaft
Welt der Gefängnisse

Eine Konferenz zur Frage, warum Gefängnisse ein Schlüssel sind, um die heutige Welt zu verstehen. Von Mario Neumann

18.09.2023 Gefängnisse
Abolitionismus oder Accountability?

Gefängnisse sind Institutionen des Unrechts. Doch können sie auch Gerechtigkeit schaffen?

Huda Khayti
13.09.2023 Syrien
Für Frauenrechte in Idlib

Die Angriffe auf die medico-Partnerinnen vom Frauenzentrum in Idlib-Stadt nehmen zu. Wir stehen an ihrer Seite.

13.09.2023 Syrien
Das Recht, Rechte zu haben

Das „Recht, Rechte zu haben“ war für Hannah Arendt das fundamentalste aller Menschenrechte. Syrer:innen bleibt es vorenthalten, hier wie dort. Von Yassin al-Haj Saleh

26.07.2023 Syrien
Weniger Hilfe, größere Not

Die internationale Gemeinschaft hat in Syrien versagt. Nach dem Erdbeben ist die humanitäre Lage noch schlimmer geworden. Von Anita Starosta

Prothesenwerkstatt in Qamişlo, Rojava
07.06.2023 Nordostsyrien/Rojava
Unter Beschuss

Seit zehn Jahren kämpft das selbstverwaltete Rojava um Sicherheit und Perspektive. Doch dem demokratischen Experiment wird die dringend nötige internationale Anerkennung weiterhin verwehrt. Und es bleibt Angriffen ausgesetzt. 2022 hat die Türkei diese noch intensiviert. Von Anita Starosta