Irak: Drohender Genozid an den Yeziden

medico international fordert politische Unterstützung ihrer kurdischen Verteidiger

Die radikalreligiösen Terrorgruppen der ISIS verüben aktuell eine genozidale Verfolgung an der religiösen Minderheit der Yeziden. Mehrere hunderte Männer und Frauen wurden bereits auf offener Straße ermordet, ebenso viele verschleppt. Hunderttausende fliehen in langen Autokonvois aus ihren Siedlungsgebieten in den Sinjar-Bergen und der Ninive-Ebene. Die Menschen sind in Panik, versuchen, sich vor den Mördern in die nahegelegenen Berge zu retten. Sie besitzen nur, was sie am Leib tragen, es fehlt an Nahrung und Wasser, Hunderte Kinder und ältere Leute sind in der sengenden Sonne bereits verdurstet. „Wir bekommen augenblicklich herzzerreißende Telefonanrufe unserer Partner vor Ort“, sagt Martin Glasenapp, Syrien-Koordinator von medico international. „Die Dschihadisten durchkämmen die Berge und schießen wahllos auf panisch davonstürzende Flüchtlinge.“ Die meisten der 300.000 Yezidinnen und Yeziden, die noch vor wenigen Tagen an der 70 km langen Gebirgskette nahe der syrischen Grenze lebten, haben Zuflucht in den kurdischen Autonomiegebieten Syriens und des Irak gesucht, nur etwa 25.000 sind in ihren Städten und Dörfern zurückgeblieben, weitere 40.000 haben sich in die von den Dshihadisten umzingelten Berge geflüchtet.

Die einzigen, die den Flüchtlingen dort zur Seite stehen, sind kurdische Milizen aus dem Irak und aus Syrien, die versuchen, in die yezidischen Gebiete vorzudringen. Nach verlustreichen Kämpfen mit den Dschihadisten konnten die Kurden einem Teil der Flüchtlinge einen sicheren Korridor nach Syrien öffnen. Gleichzeitig werfen irakische und US-amerikanische Hubschrauber in den Bergen Wasser und Nahrungsmittel ab, müssen sich dabei aber selbst vor Boden-Luft-Raketen schützen, die die ISIS aus irakischen Armeebeständen erbeutet hat.

„Die Massaker könnten das Ende der yezidischen Kultur im Nordirak bedeuteten. Die Dschihadisten sprengen bereits ihre Kultstätten und heiligen Schreine. Aufgehalten werden können sie nur, wenn die internationale Politik den syrischen und irakischen Kurden bei der Verteidigung der schutzlosen Yeziden Rückendeckung gewährt. Die Kurden brauchen materielle und politische Unterstützung: hier ist insbesondere die deutsche Bundesregierung gefragt“, sagt der Syrien-Koordinator von medico.

medico fordert, dass diese Unterstützung unterschiedslos der kurdischen Regionalregierung im Irak und der Selbstverwaltung der kurdischen Kantone in Syrien (Rojava) gewährt wird. „Es darf nicht sein, dass die einzigen, die sich wirklich für das Überleben der Yeziden und der anderen Minderheiten einsetzen, von der deutschen Außenpolitik weiter übergangen werden“, so Glasenapp. „Außerdem muss endlich Druck auf den NATO-Partner Türkei ausgeübt werden, damit das Nachbarland von Syrien und dem Irak nicht länger Transit- und Ruheraum von dschihadistischen Terrorgruppen bleibt, deren Mitglieder zunehmend auch aus Deutschland kommen.“

medico international leistet humanitäre Nothilfe in den kurdischen Gebieten Syriens, unterstützt zugleich kurdische und arabische Flüchtlinge im Nordirak und setzt sich in den kurdischen Gebieten der Türkei, des Iraks und Syriens seit Jahren schon für das demokratische Recht auf religiöse und kulturelle Differenz ein.

Kontakt

Für weitere Informationen wenden Sie sich bitte an:

Martin Glasenapp, glas@medico.de, 0179 1091553

Veröffentlicht am 08. August 2014

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