Irak

Gewalt gegen Frauen steigt in der Pandemie

medico-Partnerinnen helfen Frauen, sich zu schützen und setzen sich für ihre Rechte ein.

Die Corona-Pandemie ist im Nord-Irak noch lange nicht vorbei. In der kurdischen Autonomieregion wird täglich ein Anstieg von Neuinfektionen verzeichnet. Das hat unterschiedliche Gründe – die Maskenpflicht in öffentlichen Räumen ist zwar vorgesehen, der Umgang jedoch sehr unterschiedlich. Dafür laufen die Impfungen an. Es ist Impfstoff von Biontech, Astra Zeneca und Sinopharm (aus China) verfügbar. Priorität haben Angestellte im Gesundheitswesen und Menschen mit Vorerkrankungen. Für alle, die sich impfen lassen wollen, ist es relativ leicht, einen Impftermin zu bekommen, auch über eine niedrigschwellige Online-Anmeldung. Die Impfwilligen gehören jedoch noch zur Minderheit. In der Gesellschaft herrscht infolge einer Mischung aus Gerüchten und (Des)-Informationen zu Nebenwirkungen eine große Impfskepsis. So herrscht auch Misstrauen gegenüber der lokalen Verwaltung, wenn es beispielsweise um die Lagerungen der Impfstoffe geht oder die Gefahr von gefälschten Impfstoffen. Die mangelnde Impfbereitschaft aufgrund des Misstrauens erschwert natürlich die Pandemiebekämpfung.

Wie fast überall auf der Welt geht auch in Kurdistan-Irak mit der Corona-Pandemie der Anstieg häuslicher und familiärer Gewalt einher. Ursache hierfür ist oft ein mit COVID-19 verbundene ökonomische Krise. Ausgangs- und Mobilitätsbeschränkungen zur Pandemieeindämmung führen dazu, dass betroffene Frauen weniger Austausch untereinander und Zugang zu Beratungsstellen haben. Die Hotline für Notrufe für von Gewalt bedrohten Frauen verzeichnet einen rasanten Anstieg von telefonischen Beratungsgesuchen. Außerdem gibt es zahlreiche Berichte von lokalen Beratungsstellen in den kurdischen Medien, die über einen Anstieg von Feminiziden, Gewalttaten gegen Frauen und Suizide berichten. Daher stand der Internationale Tage gegen Gewalt an Frauen am 25. November 2020 in Kurdistan-Irak ganz unter dem Zeichen der Bekämpfung des Anstiegs von häuslicher Gewalt in der Pandemie.

medico international unterstützt gemeinsam mit dem entwicklungspolitischen Verein Haukari bereits seit vielen Jahren das Frauenzentrum KHANZAD in Sulaimaniyya. Die Mitarbeiterinnen berichten aktuell ebenfalls von einem extrem erhöhten Bedarf von Frauen, die von häuslicher Gewalt betroffen sind. Sie bieten Beratungen und Weiterbildungen für Mitarbeiterinnen in staatlichen Beratungsstellen an. Allerdings hat die anhaltende Finanzkrise im Land viele staatliche Stellen geschwächt, so dass sie nur unzureichend auf die aktuellen Herausforderungen reagieren können.

Seit Beginn der Pandemie verfolgt KHANZAD das Ziel, die Beratung von Frauen über eine Hotline aufrecht zu erhalten und die Unterstützung der staatlichen Stellen sicherzustellen. Um in der Pandemie weiter arbeitsfähig zu sein, unterstützte medico das Frauenzentrum bei der Ausstattung mit Schutzartikeln wie Masken, Desinfektionsmittel und Handschuhen. Auch im Frauengefängnis von Sulaimaniyya, in dem Mitarbeiter:innen von KHANZAD arbeiten, mangelt es an Schutzausrüstung für Mitarbeiter:innen und Inhaftierte, was zur Einschränkung von direkter Beratung im Gefängnis, des Austausches von Inhaftierten untereinander und bei  Besuchen von Familienangehörigen führt. Durch die Bereitstellung von Schutzausstattung versucht KHANZAD hier wieder einen Alltag zu ermöglichen.

Vicky Lessing

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Veröffentlicht am 31. Mai 2021

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