Das Trauma nach dem Sturm

Hilfe für Unwetteropfer in El Salvador

Angesichts der tragischen Folgen der Erdrutsche an den Hängen des Vulkans Chichontepec im Landkreis Verapaz, ausgelöst von den enormen Regenfällen des Hurrikans Ida, zeigt sich unter anderem, dass in der Region kaum adäquate Optionen existieren, die eine psychosoziale Begleitung gewährleisten könnten.

Die emotionalen Belastungen übersteigen die Möglichkeiten der Betroffen mit ihren Verlusten, ihrer Trauer umzugehen und ihre Lebensprojekte zu rekonstruieren bzw. neu zu konstruieren. Diese Situation produziert einen Bedarf an psychosozialer Begleitung, wie er zuvor nicht existierte.

Nach eingehenden Recherchen vor Ort, plant unsere Partnerorganisation ACISAM (Asociación de Capacitación e Investigación para la Salud Mental) folgende drei Ansätze:

  1. Psychosoziale Krisenintervention (Erleichterung, Stressbewältigung, Evaluation der Verluste, Rekonstruktion der Lebensprojekte)
  2. Organisation von Aktivitäten mit Kindern und Jugendlichen (Kultur, Freizeitaktivitäten, Orga-nisation). Diese Aktivitäten sollen u.a. darin münden, dass organisierte Jugendgruppen und die Gemeinschaft eine Gedenkstätte für die Verstorbenen konzipieren und errichten. Der Austausch mit Jugendgruppen anderer Regionen soll gefördert und Malwettbewerbe, Puppenspiel u.a.m. sollen als Freizeitaktivitäten angeboten werden.
  3. „Gemeindefernsehen“, meint eine Videoproduktion, die in der Gemeinde vorgeführt werden soll, als Ausgangspunkt für eine kollektive Reflexion und die gemeinschaftliche Rekonstruktion des sozialen Lebens. Die Geschichte des Landkreises soll aufgezeigt werden, verbunden mit einer Auseinandersetzung mit der erlittenen Katastrophe und der materiellen und emotionalen Verluste, die diese verursacht hat, und der Identifizierung jener Ressourcen über die die Gemeinde verfügt, um ihre Lebensprojekte zu rekonstruieren. Ergänzt werden soll dies durch lokale Radioprogramme. ACISAM verfügt über eine langjährige Erfahrung in der Produktion von audio-visuellen Materialien für die psychosoziale Arbeit.

 

medico hat in den 1990er Jahren mit ACISAM im Rahmen der Fortbildungsaktivitäten des Equipo Internacionalista Marie Langer (Mexiko) zusammen gearbeitet.

Wir bitten um Spenden unter dem Stichwort El Salvador.


12.11.2009

Trauer in El Salvador

El Salvador trauert um die mehr als 140 Toten und es steht zu befürchten, dass die Zahl sich noch weiter erhöhen wird, dass viele der Vermissten nicht mehr lebend geborgen werden können. Gleichzeitig wird das Ausmaß der materiellen Zerstörungen in El Salvador immer deutlicher. Familien die ihre Häuser, ihr gesamtes Hab und Gut verloren haben, Gemeinden ohne Strom- und Trinkwasserversorgung, zerstörte Straßen und Brücken. Bilder, die um die Welt gegangen sind. Wenig Erwähnung fanden bislang die massiven Schäden in der Landwirtschaft, vor allem der Grundnahrungsmittel Mais und Bohnen, kurz vor der Ernte, und vor der nun bald eintretenden Trockenzeit, die einen erneuten Anbau erst einmal nicht zulassen wird, für mindestens weitere 5 Monate, bis die Felder wieder neu bestellt werden können.

Wir wollen unsererseits einen Beitrag dazu leisten, dass es nicht nur bei der lebenswichtigen, unmittelbaren Nothilfe, die erfolgreich angelaufen ist, bleibt. Dazu stehen wir, gemeinsam mit unserer Schwesterorganisation medico international Schweiz, in engem Kontakt zu Partnern in El Salvador, die aktuell in den betroffenen Regionen unterwegs sind, um den Bedarf zu konkretisieren.

Wir bitten um Spenden unter dem Stichwort El Salvador.


10.11.2009

Wenn Armut und Katstrophe zusammenkommen

Als am Donnerstag vergangener Woche Hurrikan Ida bei Bluefields auf die nicaraguanische Atlantikküste traf, waren wir froh bald zu erfahren, dass dieser Hurrikan der Kategorie I (niedrigste Stufe) in Nicaragua keine Menschenleben gekostet hat, auch dank der rechtzeitigen Evakuation gefährdeter Bereiche. Die materiellen Schäden hingegen waren erheblich und die mehreren tausend Hektar zerstörter Ernten bieten düstere Aussichten für die kommenden Monate. Zuvor überwog noch die Freude über die Niederschläge, die Tiefdruckfronten am Pazifik brachten. Nach Wochen der Dürre erneut die Aussicht, dass ein Teil der landwirtschaftlichen Produktion doch noch aufgehen wird.

Für El Salvador bedeutete die Kombination dieser beiden Wetterphänomene jedoch eine schreckliche Tragödie. Von Samstag auf Sonntag fiel in wenigen Stunden so viel Regen, wie beim Hurrikan Stan im Verlauf von 5 Tagen. Die Böden waren schnell gesättigt. 108 Erdrutsche wurden bislang erfasst, die zu Schlamm- und Gerölllawinen mutierten. Bäche und Flüsse verwandelten sich in reißende Ströme.

Wie beim Erdrutsch am Vulkan Casita, 1998 in Nicaragua, wurden die Menschen überrascht. „Wir hörten ein schreckliches Donnern und dann stürzten Wasser, Schlamm, riesige Felsblöcke, Baumstämme über uns danieder.“

Inzwischen melden die Behörden bereits 130 Tote. Die Zahl wird sich sicherlich noch erhöhen. Über 13.000 Menschen wurden in Schulen und anderen Notlagern untergebracht, über 2.000 Häuser sind unbewohnbar.

Eine Naturkatastrophe, die wieder einmal auch eine vom Mensch gemachte Katastrophe ist, weil an der Umwelt Raubbau getrieben wird, weil fehlende ökonomische Optionen immer mehr Menschen zwingen an Hängen und anderen gefährdete Bereiche zu siedeln.

Raul Mijango, ein aller Bekannter von medico (Leiter der Entminungskommission für die FMLN) und Partner bei der Erdbebenhilfe in 2001 berichtet, das die Nothilfe umgehend einsetzte. Behörden und lokale Komitees sind aktiv. „Gleichzeitig gibt es eine enorme nationale Solidarität mit den Betroffenen und erste Hilfen aus dem Ausland treffen ein. Sie werden über die Regierung und einige NGOs verteilt.“

„Es bleibt aber das immer gleiche Problem, wer steht diesen betroffenen Menschen bei, wenn die Nothilfe endet.“ Raul weiß nur zu gut, dass die Nothilfe kurzlebig ist und erinnert an unsere gemeinsam Erfahrung vor acht Jahren, als medico glücklicherweise nach einer ersten medizinischen Nothilfe auch in der Lage war die Grundlagen für den nächsten Agrarzyklus zu finanzieren, damit den Überlebenden nicht die nächste „Katastrophe“ bevorsteht. „Es ist gut zu wissen, dass medico weiter an unserer Seite steht und es wäre super, wenn ihr wieder mittelfristig helfen könnt.“

Zusammen mit dem Equipo Internacionalista Marie Langer aus Mexiko haben wir Mitte der 90er Jahre auch mit ACISAM (Asociación de Capacitación e Investigación para la Salud Mental) im Rahmen psychosozialer Fortbildungsmaßnahmen zusammengearbeitet. Ihre Anfrage auf Unterstützung für eine psychosoziale Begleitung der Betroffenen werden wir gerne unterstützen.

Wir bitten um Spenden unter dem Stichwort El Salvador.

Dieter Müller, medico-Projektkoordinator in Mittelamerika

Veröffentlicht am 12. November 2009

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