Überall Frauen

Vor 35 Jahren war Mathis Bromberger als Mediziner in Bangladesh. Nun besucht er die Gesundheitsorganisation Gonoshasthaya Kendra.

"Früher bin ich auch stiften gegangen" erläutert Mathis Bromberger, der Frankfurter Arzt und Gründungsmitglied der stiftung medico international. Während sein Stiftungsengagement heute langfristige Projektarbeit sichert, ging es damals ums Überleben. "Stiften" ging er nämlich, wenn er genug Kohlen zusammenhatte. "Ich war ein schmächtiges Kind, und ich war der einzige, der in den Nachkriegswirren durch die engen Kellerfenster zerbombter Häuser passte."

Mathis Bromberger sitzt unter einem gigantischen Mangobaum. Nach über 35 Jahren ist er dorthin zurückgekehrt, wo seine langjährige Beziehung zu medico international begonnen hatte: nach Bangladesh. "Ja ich war 1971, zu Zeiten des Unabhängigkeitskrieges mit zwei anderen Kollegen für medico international hier. Viele der großen Organisationen saßen in den Hotels und telefonierten, wir bauten ein kleines Feldlazarett auf, versorgten Menschen mit dem allernötigsten." Aus einem Kurzaufenthalt damals wurden 3 Monate. Bromberger kämpfte gegen eine grassierende Cholera-Epidemie, todgefährlich besonders für kleine Kinder. "Lange Zeit hat mich ein richtig schlechtes Gewissen umgetrieben. So einfach zu gehen, nicht zu wissen, was aus den Menschen wird…" Wenige Monate nachdem Bromberger Bangladesh verlassen hatte, entstand Gonoshostaya Kendra (GK). Eine Gesundheitsgenossenschaft, die ca. 1,5 Millionen Menschen den Zugang zu Gesundheit garantiert. Ein Projekt, dem selbst ein kürzlich veröffentlichter Report der Weltbank Vorbildcharakter einräumt. Wenn die andere Welt möglich ist, dann bei GK. Schon jetzt sind die als Fernziel ausgerufenen Anforderungen der Milleniumsziele, die bis 2015 erreicht werden sollen, im Gesundheitsbereich bei GK umgesetzt – immerhin in Bangladesh, einem der ärmsten Länder der Welt! Bei den kulturellen Abendveranstaltungen, die anlässlich des 35. Geburtstages von GK von Mitarbeiterinnen organisiert und dargeboten werden, sitzt Bromberger in der ersten Reihe. Die Darbietungen reichen von Dokumentarfilmen über den bengalischen Befreiungskampf, bis hin zu hinduistischen Tempeltänzen, arabischen Gesangsvorführungen und bollywoodreifen Eifersuchtsdramen mit rollenden Augen und einem betrogenen Ehemann, der die ca. 1.000 Anwesenden zu ungeahnten Gefühlsausbrüchen hinreißt.

Bromberger, der seit 20 Jahren auch der Bühnenarzt von Deutschlands berühmtesten Varietétheater "Der Tigerpalast" ist, kommt gar nicht aus dem Staunen heraus. Besonders der große Anteil von Frauen, die in allen Bereichen von GK die Mehrheit bilden, veranlasst ihn immer wieder zu einem Kommentar: "Was mir am meisten auffällt, sind die Frauen. Frauen in der GK-Pharmaproduktion, Frauen als GK-Fahrerinnen, Frauen als gut ausgebildete `Paramedics´, die dafür sorgen, dass auch die Ärmsten der Armen eine ausreichende Gesundheitsversorgung erhalten. Das wäre vor 35 Jahren undenkbar gewesen!", so Bromberger, und ganz leise und mit sichtbarer Erleichterung fügt er an, "wer weiß, vielleicht sind auch einige dabei, die ich damals als Kinder vor der Cholera bewahrt habe."

Projektstichwort

Sie können die gemeinsamen Bemühungen von medico international und Gonoshastaya Kendra für einen gleichen Zugang aller zu Gesundheitsdiensten und medizinischer Versorgung unterstützen unter dem Stichwort: Bangladesh.

 

Veröffentlicht am 27. Februar 2007

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