Tödlicher Protest

Beim Streik in der Platin-Mine von Marikana in Südafrika wurden 34 Streikende von der Polizei erschossen

Die Stellungnahme des People’s Health Movement South Africa verweist vor allem auf die strukturellen Gewaltverhältnisse in Südafrika – die unerträglichen Lebensverhältnisse der Minenarbeiter, das Ausbeutungssystem von migrantischer Arbeit und die generell schlechten Arbeitsbedingungen in der Industrie. Diese Gewaltverhältnisse führen auch in anderen Ländern des globalen Südens immer wieder zu Gewalt gegen diejenigen, die gegen diese exzessive Form der Ausbeutung ihre Stimme erheben.

Das PEOPLE'S HEALTH MOVEMENT OF SOUTH AFRICA verurteilt das Lonmin-Massaker

Das brutale Massaker an mindestens 34 Minenarbeiterinnen des Lonmin-Konzerns sorgte in Südafrika und der ganzen Welt für Entsetzen. Die Arbeiterinnen waren in der nordwestlichen Provinz Marikana von der Polizei erschossen worden. Hintergrund dieser Tragödie sind die schrecklichen Arbeitsbedingungen in der Minenindustrie und die extreme Armut und Ungleichheit, die immer noch die Gesellschaft Südafrikas prägen.

Das Land beobachtete mit Schrecken, wie die Situation schnell außer Kontrolle geriet, nachdem 3000 Arbeiterinnen in der Lonmin-Mine in den Streik getreten waren. Obwohl es bei der Auseinandersetzung vordergründig um die Rivalität zwischen verschiedenen Gewerkschaften geht, sollte nicht vergessen werden, dass es sich bei der Konfrontation vor allem um einen Lohnkonflikt mit dem Lonmin-Management handelt. Das Scheitern des Managements mit dieser Krise umzugehen und im Besonderen ihre Weigerung sich mit den Arbeiterinnen zu treffen, ist zu verurteilen. Als die Führung der Gewerkschaft es nicht schaffte die Arbeiterinnen davon zu überzeugen den Hügel zu verlassen, auf dem sie sich versammelt hatten, forderten die Arbeiterinnen mit Mitgliedern des Managements zu sprechen. Selbst am letzten Tag vor dem Massaker ignorierte das Lonmin-Management diese Forderung.

Obwohl die Tatsachen, die hinter der Rivalität zwischen den zwei Gewerkschaften (NUM und AMCU) stehen, vielleicht nie bekannt werden, scheint klar, dass die feindliche Einstellung von traditionellen Gewerkschaften gegenüber Neuen zu der Krise beitrug. Dass nirgendwo in diesem Konflikt Solidarität zwischen den Arbeiter_innen zu beobachten ist, ist ein entmutigendes Zeichen des Scheiterns der Führung der Gewerkschaftsbewegung.

In dieser komplizierten und unberechenbaren Situation wären einfühlsame Verhandlungen notwendig gewesen. Doch es gab weder eine politische Intervention noch führte das Lonmin-Mangement direkte Gespräche mit den Arbeiterinnen. Stattdessen wurde die Polizei eingeschaltet, die bereits aufgrund des Todes von zwei ihrer Kollegen aufgebracht war. Bewaffnet mit automatischen Waffen wurden die Polizistinnen beauftragt, Gesetz und Ordnung um jeden Preis wieder herzustellen. Vor Tränengas fliehende Arbeiterinnen liefen auf die Polizistinnen zu, die das Feuer auf die Arbeiterinnen eröffneten, ohne auch nur zu versuchen die Menschenmenge mit Hilfe von anderen Maßnahmen zu kontrollieren. Als sich der Staub gelegt hatte, lagen dutzende Arbeiterinnen Tod auf dem Boden, noch mehr wurden verletzt. Ein weiterer Trauertag für Südafrika war geschaffen. Kein Polizeiaufgebot sollte jemals mit ihren tödlichen Waffen in einer solchen Situation eingesetzt werden. Außerdem beobachten wir mit Besorgnis den Mangel an Sanitäter_innen, die in einer solchen Situation, in der eine gewaltsame Entwicklung möglich war, anwesend hätten sein müssen. Aufgrund ihrer Abwesenheit ist es zweifelhaft, ob den Verletzten in einer angemessenen Form Erste Hilfe geleistet werden konnte.

Diese Tragödie steht symbolisch für die Brutalität einer Gesellschaft, in der es als normal betrachtet wird, dass die Minenarbeiterinnen in Hütten aus Wellblech ohne fließendes Wasser oder Elektrizität leben. Einer Gesellschaft, in der demütigende Armut gleichzeitig mit dem geradezu unanständigen Reichtum von denjenigen, die in den Vorständen der Minenfirmen sitzen, existiert. Eine Gesellschaft, in der die Würde der Menschen jeden Tag verletzt wird und in der eine Gruppe von Arbeiterinnen schließlich so verzweifelt war, dass sie in einem Lohnkonflikt ihr Leben riskierten.

Die Sympathie von uns als PHM gilt den Arbeiterinnen, die getötet oder verletzt wurden und ebenso ihren Familien und Kolleginnen in der Lonmin-Mine. Wir verurteilen die Gewalt der Polizei und fordern Konsequenzen für diejenigen, die die Verantwortung für den Einsatz tragen. Zusätzlich zu der Untersuchung des Massakers, die der Präsident angekündigt hat, fordern wir eine Reaktion auf die Tragödie, die sich den tieferen Ursachen widmet. Dafür sollte eine vom Volk ausgehende Untersuchung stattfinden, die die Lebensbedingungen der Arbeiterinnen, das auf der Arbeit von Migrantinnen beruhende Arbeitssystem und die allgemeinen Arbeitsbedingungen in der Industrie in den Blick nimmt.

Veröffentlicht am 21. August 2012

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