Nothilfe für Kriegsflüchtlinge in Sri Lanka

Spendenaufruf

Die Zahl der Flüchtlinge, die sich in das von der Regierung kontrollierte Gebiet in den Distrikten Vavuniya, Mannar und Jaffna retten konnten, hat sich von 100.000 auf 152.000 erhöht. Nach vorsichtigen Schätzungen befinden sich noch immer 100.000 Menschen zwischen den Fronten. Die Menschen leiden Hunger und viele sind schwer verwundet.

Angesichts des Flüchtlingsstroms fordert medico international die sofortige Einstellung aller Kampfhandlungen und freien und ungehinderten Zugang für nationale und internationale Hilfsorganisationen. Zur Unterstützung der Nothilfe für die Kriegsflüchtlinge im Norden Sri Lankas ruft medico international dringend zu Spenden auf. Die lokalen medico-Partnerorganisationen leisten medizinische Versorgung mit mobilen Kliniken und liefern Lebensmittel und Medikamente.

Entgegen der Erklärungen beider Seiten werden die Kämpfe auf Sri Lanka mit unverminderter Härte fortgeführt. Das nur noch wenige Quadratkilometer große Kampfgebiet steht nach wie vor unter heftigem Beschuss. Dabei kommt weiterhin schweres Geschütz zum Einsatz. Getroffen wurde auch das Hospital von Mu'l'li-vaaykkaal, die Versorgungslage für die im Kampfgebiet eingeschlossenen Zivilisten wird immer dramatischer.

Die Gegend um die kleine Küstenstadt Mullaithivu ist die letzte Bastion der tamilischen Rebellen, der Tamil Tigers. Und mit ihnen eingeschlossen sind die Flüchtlinge. Die Armee greift die Rebellen und die Zivilbevölkerung bei Tag und bei Nacht an, unaufhörlich wird geschossen, schlagen Granaten ein, fallen Bomben. Je kleiner der Kessel wird, in dem die Flüchtlinge gefangen sind, desto höher die "Trefferquote". Um sich zu schützen, heben die Menschen Erdlöcher aus. Während der Angriffe harren sie dort über Stunden aus, eng aneinander gepresst. Sie ernähren sich von Würmern und Wurzeln, nicht nur während des Beschusses: Seit Wochen gelangen nur gelegentlich Lebensmittel durch die Frontlinien, unter den Toten gibt es deshalb nicht nur Erschossene, Minen-, Granat- und Bombenopfer, sondern auch erste Hungertote, Anzahl steigend.

Allein und in Gruppen versuchen die verzweifelten Menschen immer wieder, dem Inferno zu entfliehen. Das gelingt nur, wenn sie an den Wachen der Rebellen vorbeikommen, die gezielt auf die Beine der Flüchtenden schießen. "Draußen" aber, jenseits der Kontrolle der Tamil Tigers, ist es kaum besser. Die Armee trennt zuerst die Männer von den Frauen und Kindern: Die Männer, das ist der Generalverdacht, sind sowieso Rebellen. Von den Frauen und Kindern gilt das allerdings auch, die Rebellen rekrutieren vom 12. Lebensjahr an, und sie fragen nicht lange, ob jemand überhaupt mitmachen will. Armee und "Sicherheitskräfte" bezeichnen ihre brutalen Verhöre als "Screening", Folter und Vergewaltigung sind inbegriffen, geschossen wird schnell und nahezu nach Belieben, die Opfer sind letztlich doch alle Tamilen, und tamilische Leben zählen nicht viel in Sri Lanka.

In den wenigen noch nicht zerstörten Gesundheitsstationen gibt es über Tage keine ärztliche Hilfe, keine Medikamente, kein Verbandszeug, oft nichts zu essen, nichts zu trinken. In den Gängen sind deshalb die Schreie derer zu hören, die noch nicht einmal mit Schmerzmitteln versorgt werden können. Ein dort helfender Pater schreibt uns geschockt, dass ihn die blutverschmierten Korridore eines Hospitals an ein Schlachthaus erinnerten. "Ich hatte das Gefühl, in eines der apokalyptischen Bilder von Bosch oder Brueghel geraten zu sein", sagte uns die Kollegin einer anderen Hilfsorganisation am Telefon. Mullaithivu haben wir beide das erste Mal wenige Wochen nach dem Tsunami gesehen. Auch damals war hier buchstäblich kein Stein mehr auf dem anderen. Doch unsere Partner leisteten Nothilfe, planten Wiederansiedlungsprojekte. Ich sah die Kollegin wieder, als ich den Ort das zweite Mal besuchte, anlässlich der Einweihung des Neubaus der Fischerkooperative. Natürlich sah man überall noch Spuren der Zerstörung, doch war das Leben in die Stadt zurückgekehrt, der Wiederaufbau weit vorangeschritten. Jetzt liegt alles wieder in Trümmern. Die Waffen dazu kommen aus der ganzen Welt, in seltsamer Einigkeit von den verschiedensten Absendern an die Regierung in Colombo geliefert, aus politischen Gründen und in freudiger Gewinnerwartung: aus Pakistan und Indien, aus China und den USA, aus Iran und Israel, aus Russland und der Ukraine.

Unsere Partner vor Ort verhalten sich so unauffällig wie möglich. Zu gefährlich ist eine Haltung, die sich weder mit den Militärs noch mit den Rebellen gemeinmachen will. Aber wir telefonieren, wenn es geht, um die Details und Fakten einer gemeinsamen Presseerklärung abzustimmen. Wir wollen hier sehr genau sein, der Krieg wird auch um jede einzelne Meldung geführt, beide Parteien bedienen die Nachrichtenagenturen mit ihren eigenen Versionen. Regierung und Armee führen einen "Krieg gegen den Terror", können sich auf all das berufen, was dazu weltweit in den Medien kursiert. Die Rebellen verweisen auf die jahrzehntelange Unterdrückung der tamilischen Minderheit durch den singhalesisch-buddistischen "Einheitsstaat". Wir hören auf das, was wir von unseren Partnern erfahren, von den Tsunami-Überlebenden, die vorher schon Kriegsflüchtlinge waren, die es jetzt wieder sind.

Zur Unterstützung der Nothilfe unserer Partner in Sri Lanka bitten wir um Spenden:

Spendenkonto:
medico international
Frankfurter Sparkasse
Kontonummer 1800
BLZ 500 502 01
Stichwort "Sri Lanka"

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Veröffentlicht am 28. April 2009

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