In der Nacht auf den 6. Februar erfasste eines von mehreren heftigen Erdbeben die Grenzregion zwischen Syrien und der Türkei. Offiziell starben 60.000 Menschen unter den Trümmern, Tausende gelten bis heute als vermisst. Hunderttausende wurden verletzt und Millionen Menschen wurden über Nacht obdachlos. Sie haben alles verloren.

Seit Jahrzehnten arbeitet medico international in der betroffenen Region mit Partnerorganisationen zusammen. Sie haben unmittelbar nach dem Beben Nothilfe geleistet. Vor allem dort, wo lange keine staatliche Hilfe ankam, halfen sie dabei, Menschen aus den Trümmern zu bergen und versorgten sie medizinisch. Sie haben Zelte, Kleidung und Nahrungsmittel an die Überlebenden verteilt.

Das Schicksal der Betroffenen hat in Deutschland viele Menschen bewegt, auch medico erreichte eine Welle der Solidarität. Dank der großen Spendenbereitschaft können wir unsere Partner:innen auch heute noch bei der Hilfe nach dem Erdbeben unterstützen. Das ist auch dringend nötig, denn die Versorgung der Überlebenden durch den türkischen Staat ist auch ein Jahr später noch unzureichend. Besonders soziale Angebote fehlen, die Menschen in den provisorischen Container- und Zeltlagern haben keine Perspektive. Die Aufräumarbeiten gehen nur schleppend voran, der Wiederaufbau wird noch Jahre dauern.

Das staatliche Versagen des türkischen Staates im Katastrophenschutz und gegenüber dem Bausektor wird kaum aufgearbeitet. Stattdessen werden zivilgesellschaftliche Organisationen, die den Staat kritisieren, mit Repressalien überzogen. Dabei sind es ehrenamtliche Helfer:innen und Organisationen, die die Hilfe für die Betroffenen leisten.

Das gleiche Bild in Syrien, wo es aufgrund der türkischen Grenzblockade und der Instrumentalisierung der Hilfe durch Diktator Assad tagelang dauerte, bis internationale Hilfslieferungen den betroffenen Norden des Landes erreichten. In der kriegsgebeutelten Region leben Millionen Binnenflüchtlinge, die schon vor dem Beben auf humanitäre Hilfe angewiesen waren. Bis heute ist ihre Versorgungslage extrem prekär. medico-Partner:innen bauen unter diesen Umständen Notunterkünfte, verteilen Lebensmittel und helfen bei dem, was an Wiederaufbau möglich ist.

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Türkei

Hilfe jenseits des Staates

Wiederaufbau und Kooperativen

In der Region Malatya leiden noch immer Hunderttausende Menschen unter den Folgen des Erdbebens. Staatliche Hilfe ist insbesondere in kurdisch-alewitischen Bergdörfern kaum angekommen. medico unterstützt hier den gemeinschaftlichen Wiederaufbau von Häusern und sichert Bleibeperspektiven: Damit die betroffenen Familien ein Auskommen in ihren Dörfern haben und nicht wegziehen müssen, hilft medico bei der Gründung landwirtschaftlicher Kooperativen. Das Leid, dass den Menschen wiederfahren ist, soll über gemeinschaftliche Arbeit beim Wiederaufbau und auf dem Feld gelindert werden.

Mobile Kliniken

Alte und kranke Menschen auf dem Land haben besonders mit den Folgen des Erdbebens zu kämpfen. Oft haben sie Angehörige verloren, ihre Häuser, ganze Dörfer wurden zerstört. Dennoch wollen sie die Orte, in denen sie ihr Leben lang Zuhause waren, nicht verlassen. Um ihnen das zu ermöglichen, eröffnen die Gewerkschaft der Gesundheitsarbeiterinnen, die Ärztekammer und der Apothekerverband mit Unterstützung von medico Mobile Klinken, die in den Provinzen Hatay, Kahramanmaraş und Adıyaman unterwegs sein werden. Mit ihnen können Ärzt:innen und Pfleger:innen diejenigen erreichen, die es nicht bis zur nächsten Praxis oder ins Krankenhaus schaffen. Außerdem fahren die Klinken zu Zelt- und Containerlagern, in denen Gesundheitsversorgung bislang nicht zugänglich war.

Die Gesundheitsarbeiter:innen der Mobilen Kliniken sind Teil des „Nothilfe- und Solidaritätsnetzwerks“, das sich unmittelbar nach dem Erdbeben in Diyarbakır gegründet hat. Damals haben zahlreiche zivilgesellschaftliche Organisationen und Vereine spontan in verschiedenen Provinzen Nothilfe geleistet und setzen diese Arbeit auch heute weiter fort. Doch jegliche Selbstorganisierung ist ein Dorn im Auge des autoritären Erdoğan-Regimes; die Helfer:innen geraten immer wieder in den Fokus staatlicher Repression. Dabei ist das Ziel des Netzwerkes ein besserer Katastrophenschutz, eine engere Abstimmung von Hilfsmaßnahmen und vor allem die langfristige, solidarische Arbeit im Erdbebengebiet.

Psychosoziale Arbeit mit Frauen & Kindern

Die Lebensbedingungen in den Containersiedlungen und Zeltstädten der Überlebenden sind schlecht. Oft ist die Wasserversorgung unzureichend, es gibt zu wenige Duschen und Toiletten. Die Abrissarbeiten haben Asbest freigesetzt, gesundheitliche Probleme sind an der Tagesordnung. Mit dem Erlebten werden die Menschen alleine gelassen, es gibt kaum soziale Angebote. Die Familien sind auf sich alleine gestellt, es kommt zu Konflikten und besonders Frauen berichten von Übergriffen in den Lagern. Hier kommen die Mitarbeiterinnen der Frauenorganisation ROSA zum Einsatz. In Adıyaman und Diyarbakır bieten sie mit medico-Unterstützung psychosoziale Beratung für Frauen an, um das Erlebte verarbeiten zu können. Auch rechtliche Unterstützung und soziale Aktivitäten sind Teils des Programms. So können die Frauen dem grauen Lageralltag wenigstens etwas entfliehen, Kraft und Hoffnung schöpfen.

Nordwestsyrien

Überleben ohne Perspektive

Notunterkünfte und Hilfsgüter

Die Regionen Idlib und Afrin in Nordwestsyrien hat das Erdbeben mit großer Wucht getroffen, nach UN-Schätzungen sind in Syrien 8,8 Millionen Menschen von den Folgen des Erdbebens betroffen. Tagelang kam keine internationale Hilfe in die von islamistischen Rebellengruppen kontrollierten Gebiete. Mit bloßen Händen suchten die Menschen verzweifelt nach Überleben. Nothilfe der Vereinten Nationen erreichte die Region zu spät und angesichts des Ausmaßes der Katastrophe nicht ausreichend. Zudem wurden Hilfen im Laufe des letzten Jahres immer weiter reduziert. Dabei müssen Millionen Binnenflüchtlinge in der Region versorgt werden. Von einer Perspektive für den Wiederaufbau der zerstörten Häuser und Infrastruktur kann keine Rede sein.

Gewinner der Krise ist Diktator Assad. Er hat sich auch über die internationale Hilfe für Syrien politisch rehabilitiert und sitzt nach Jahren des Bürgerkrieges wieder fest im Sattel. Die medico-Partner:innen, darunter das Frauenzentrum in Idlib, helfen derweil mit der Bereitstellung von Notunterkünften und der Verteilung von lebensnotwendigen Gütern für mehrere Tausend Familien sowie psychosoziale Unterstützung für die traumatisierten Betroffenen – sie haben oft alles verloren.

​​​​​​​Rojava

Auf sich gestellt

In Nordostsyrien ist bis heute keine internationale Erdbebenhilfe angekommen. Die langjährige medico-Partnerorganisation vor Ort, der Kurdische Roter Halbmond, organisierte mit eigenen Mitteln die Soforthilfe nach dem Beben und kümmert sich bis heute um Zehntausende Betroffene. Viele von ihnen stammen aus Aleppo. Jetzt leben die obdachlos gewordenen Familien in Zeltlagern der Region Shebha, wo Hunderttausende Flüchtlinge aus Afrin bereits seit Jahren unter schwierigsten Bedingungen ausharren.

Wasser, medizinische Versorgung und Krisenprävention

Dank der Unterstützung durch medico konnten die Nothelfer:innen viele Hilfsmaßnahmen angehen: Mit solarbetriebenen Brunnen wird die Wasserversorgung für die Menschen in Shehba sichergestellt. In Aleppo wurde eine Klinik im besonders betroffenen kurdischen Stadtteil Sheikh Maqsud wiederaufgebaut und die medizinische Grundversorgung wieder hergestellt. Zudem werden Teams des Roten Halbmonds in der Katastrophenprävention fortgebildet, Such- und Rettungstrainings durchgeführt.

Doch gleichzeitig steht die Region weiter unter Beschuss: Türkische Raketen werden gezielt auf die zivile Infrastruktur gelenkt. Die Zerstörungen erschweren die Hilfe und das Überleben in den Lagern.

medico international unterstützt seit Jahren Organisationen in den Gebieten, die von den Erdbeben getroffen wurden. Vielen Widerständen zum Trotz leisten diese lokalen Partner:innen seit Monaten Nothilfe, auch und gerade dort, wo internationale Hilfe kaum hinkommt. Sie organisieren nachhaltige Unterstützung in der Region: psychosoziale Hilfe, medizinische Versorgung und Perspektiven für den Wiederaufbau. Daneben geht es um politische Solidarität: zur Durchsetzung des Rechts auf Hilfe aller; und zur Schaffung von Perspektiven für Menschen, die alles verloren haben – sei es vor Ort, sei es hier. Für beides brauchen sie unsere Unterstützung.

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