Syrische Flüchtlinge

Es geht immer noch schlimmer

Während in Brüssel die Syrien-Geber-Konferenz tagt, war unser Kollege Till Küster im informellen Flüchtlingscamp "Harimeh 006" im Libanon

7 Milliarden US-Dollar hat die internationale Staatengemeinschaft auf der gestern zu Ende gegangenen Syrienkonferenz in Brüssel an Hilfe für 2019 zugesagt, in Syrien und den Nachbarländern. Das erscheint viel Geld.

Zwei Probleme sind damit verknüpft. Erstens wird ein Großteil der Hilfe in Syrien selbst durch UN-Organisationen umgesetzt, die wiederum auf regierungstreue Organisationen angewiesen sind. „Der Westen zahlt, die UN liefern, und Assad bestimmt, wo und wem geholfen wird“, schreibt dazu die Journalistin und Syrien-Kennerin Kristin Helberg. Zweitens, ist die Lage der syrischen Flüchtlinge in den angrenzenden Ländern wie zum Beispiel im Libanon so verheerend, dass der Rückkehrdruck wächst, ohne dass es minimale Schutzgarantien - zum Beispiel gegen Verfolgung - für die Flüchtlinge gäbe. Die Geberkonferenz in Brüssel hat sich vor all diesen Fragen gedrückt und versucht offenkundig, ihre politische Ratlosigkeit durch Geldbewilligung zu ersetzen.

Zur Situation der Flüchtlinge im Libanon ein anschaulicher Bericht unseres Kollegen Till Küster, der während der Geberkonferenz eins von hunderten informellen Flüchtlingslagern in der Bekaa-Ebene im Libanon besuchte.

Nach einem extrem harten Winter mit vielen Niederschlägen und niedrigen Temperaturen ist die Lage in vielen Siedlungen immer noch katastrophal. Im Camp „Haouch Harimeh 006“ nahe der Stadt Joub Jannine stand das Wasser nach zwei Winterstürmen kniehoch in den Zelten, Latrinen liefen über und der Diesel für die Heizöfen ging zuneige. Die libanesische Hilfsorganisation AMEL leistete hier und in 4 anderen Camps mit Unterstützung medicos Nothilfe und verteilte Matratzen, Decken, Nahrung, und Heizöl. Für die 144 Zelte in Haouch Harimeh 006 die einzige Unterstützung, die sie während der Stürme erhielten.

Der überwiegende Teil der Flüchtlinge stammt aus dem syrischen Rakka, der ehemaligen Haupstadt des selbsternannten „Islamischen Staates“. Die Rückkehr der Familien ist auch nach 5 Jahren im Libanon weiterhin keine Option, trotz der miserablen Bedingungen in der Bekaa. Denn Rakka liegt nach US-Angriffen und unter Beteiligung deutscher Tornados im Kampf gegen den IS komplett in Trümmern.

„Das größte Problem ist der Müll und die mangelnde Hygiene. Unsere Kinder schlafen im Dreck und werden krank“, erzählen uns die Familienväter, die uns aus den Zelten entgegen kommen. Auch im 8. Jahr des Syrienkrieges und der daraus resultierenden Flüchtlingskrise im Libanon hat der UNHCR kein volles Mandat von den libanesischen Behörden. Als direkte Folge gibt es keine offiziellen, von den UN betriebene Lager, sondern die Flüchtlinge haben sich informell und quasi illegal auf privaten Grundstücken Zeltunterkünfte errichtet. Dies hat dramatische Konsequenzen, da viele Grundstückbesitzer Miete für die Zeltplätze verlangen, und das nicht zu knapp. AMEL schätzt die Jahresmiete auf 300 USD pro Zelt. Als den Bewohnern von Hauch Harimeh 006 niemand half, mieteten sie auf eigene Kosten Pumpen an, um das stinkende Wasser aus dem Camp herauszupumpen.

Da die meisten Familien ohne offizielle Registrierung und Genehmigung im Libanon leben, bleibt ihnen nur die Schwarzarbeit auf den umliegenden Feldern, oft müssen die Kinder diese schweren Arbeiten übernehmen. AMEL erreicht die Leute im Lager zusätzlich mit seinen mobilen Kliniken und mobilen „education units“. „Normalerweise kommen die Kinder gerannt, wenn sie die Busse sehen. Nur während der Erntezeit kommen wir quasi umsonst, da sind die Kinder auf den Feldern“, so die Kollegen von AMEL.

Spendenstichwort: Syrien

Veröffentlicht am 15. März 2019

Jetzt spenden!