Frauenzentrum in Syrien

Emanzipation kann nicht auf das Danach warten

Syrische Aktivistinnen haben ein Frauenzentrum eröffnet - als Freiraum und Basis für gesellschaftlichen Wandel.

Das syrische Gebiet Ost-Ghouta nahe Damaskus steht unter Kontrolle der Opposition. Tagelange Bombardierungen durch die syrische und russische Luftwaffe gehören zum Alltag in der vom Krieg gebeutelten Stadt. Zivile Orte - Märkte oder Spielplätze – werden oft gezielt angegriffen. In diesen schwierigen Bedingungen haben Aktivistinnen in Douma ein Frauenzentrum eröffnet. Sie stellen sich immensen Herausforderungen. In den letzten Wochen wurde auch das von medico unterstütze Frauenzentrum getroffen. Verletzt wurde dabei glücklicherweise niemand. Wegen Reparaturarbeiten mussten jedoch die Kurse vorübergehend ausgesetzt werden.

Der öffentliche Raum war in Syrien schon vor der Revolution staatlich dominiert oder durch religiöse Akteure geprägt. Huda Khayti, die Leiterin des Frauenzentrums und ihre Unterstützerinnen haben deshalb einen Freiraum geschaffen. Einen Ort, an dem Frauen durch Ausbildungen, Rechtsberatung und psychosoziale Beratung unterstützt werden, um sich ein eigenständiges Leben mit wirtschaftlicher und sozialer Grundsicherung aufzubauen.

Durch den Tod ihrer Männer oder deren Inhaftierung, sind Frauen zunehmend auf sich selbst gestellt. Frauen, die oft nicht einmal allein das Haus verlassen, die als Hausfrauen und Mütter ihre grundlegenden Rechte meist nicht kennen, sind neben dem physischen Druck auch mit einem verstärkten ökonomischen Druck konfrontiert. Diese wird durch die anhaltende Belagerung verstärkt, durch künstliche Verknappung steigen die Lebensmittelpreise – sie sind um ein Vielfaches teurer als im nur 30 Minuten entfernten Damaskus.

Neben der ökonomischen Emanzipation sind auch die Vernetzung und der Austausch der Frauen untereinander von großer Bedeutung. Selbstsicherheit und Selbstbewusstsein der Frauen werden durch das umfassende Angebot des Nisaa Al-Ghouta Frauenzentrum gefördert, wodurch sich öffentlicher Raum verändert und die Emanzipation von traditionellen patriarchalen Verhältnissen gefördert wird.

Im Nisaa Al-Ghouta Zentrum und der Zweigstelle im Stadtteil Btwanet Al-Sharqi werden Frauen über ihre Rechte informiert und in diesen bestärkt. Das umfassende Bildungsangebot schafft Gelegenheiten für Frauen um aus der Isolation herauszutreten.

Huda Khayti und viele ihrer Mitarbeiterinnen waren während der Revolution als politische Aktivistinnen aktiv. Die Vernetzung der Aktivistinnen geht dabei über die das Frauenzentrums hinaus. Durch die Vernetzung mit anderen Initiativen in Douma, die sich für die Selbstbestimmung von Frauen und benachteiligten gesellschaftlichen Gruppen einsetzen, wird das Ziel verfolgt perspektivisch auch politischen Druck ausüben zu können und dadurch die patriarchalen Gesellschaftsstrukturen zu verändern.

Das Nisaa Al-Ghouta Zentrum ist trotz der extrem unsicheren Lage in Syrien, eine mutige zivilgesellschaftliche Initiative. Unabhängige zivilgesellschaftliche Strukturen zu erhalten und aufzubauen ist von großer Bedeutung. Nicht nur für die momentane Situation der betroffenen Frauen sondern auch um nach Friedensverhandlungen oder einem anhaltenden Waffenstillstand den starken islamistischen Gruppen oder der Rückkehr des Assad-Regimes etwas entgegenzusetzen. Das Nisaa Al-Ghouta Zentrum schafft eine Basis, um Frauen in Douma ein selbstbestimmtes Leben möglich zu machen – und damit eine Basis für gesellschaftlichen Wandel.
 

medico international unterstützt das Frauenzentrum in syrischen Douma. Spendenstichwort: Syrien.

Veröffentlicht am 14. Dezember 2016

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