Mit der Welle kolonialer Befreiungsbewegungen begann nach dem Zweiten Weltkrieg die Ära der Entwicklungszusammenarbeit und der internationalen Hilfe. Jahrzehntelang prägten diese die Nord-Süd-Beziehungen. Gegenwärtig aber werden sie rückgebaut oder gar abgewickelt. Prominentestes Beispiel: die drastischen Einschnitte bei USAID. Die Folgen sind nicht zuletzt in vielen afrikanischen Gesellschaften verheerend – vor allem, weil USAID nahezu über Nacht beendet wurde und damit von jetzt auf gleich Millionen Menschen der Zugang zu lebenswichtigen Medikamenten und Infrastrukturen entzogen wurde. Doch reicht es, diese Folgen nur zu beklagen? Ist die einzige Zukunftsvision die erneute, reformierte Bereitstellung der Mittel?
Seit Langem kritisieren NGOs, unter ihnen auch medico, dass die gängige Form der Entwicklungszusammenarbeit und Programme wie USAID Abhängigkeiten schaffen, lokale Märkte zerstören sowie als Instrumente geo- und handelspolitischer Interessen dienen können. Simanga Sithebe, Direktor von medicos südafrikanischem Kooperationspartner Sinani, hat über Jahre beobachtet, wie autonome Initiativen im Gesundheits- und Sozialbereich durch USAID verdrängt wurden. Unternehmer:innen und NGOs seien zu verlängerten Armen einer neoliberalen, entpolitisierten Bürokratie geworden. Trotz der Leistungen von USAID, so Sithebe, habe das System „Roboter aus unseren Fachkräften gemacht“. Während der Staat seine Verantwortung vernachlässigte, sei eine Parallelstruktur entstanden, die der Bevölkerung kaum Mitsprache ließ und sich – anders als nationale Institutionen – nicht verantworten musste. Wie dramatisch dieser Mangel an Rechenschaft ist, zeige sich daran, dass Programme durch eine Wahlentscheidung im fernen Westen von einem Tag auf den anderen beendet werden konnten.
Sithebe zufolge kommt es nun darauf an, dass politische Entscheidungsträger:innen proaktiv neue Pfade einschlagen und sich aus der alten Dynamik von Rohstoffexport und Hilfeimport lösen. Dass junge Generationen in afrikanischen Staaten ihre Unzufriedenheit mit den überkommenen Entscheidungen ihrer Eliten zunehmend offen und radikal artikulieren, lasse hoffen, dass langfristig tatsächlich neue Wege beschritten werden könnten. Darüber hinaus könnten die Kürzungen eine Neubewertung der Handelsbeziehungen mit dem globalen Norden ermöglichen. Denn mit dem Rückgang der Hilfe verlieren auch die mit ihr einhergehenden Druckmittel an Gewicht.
Dieser Beitrag erschien zuerst im medico rundschreiben 04/2025. Das Rundschreiben schicken wir Ihnen gerne kostenlos zu. Jetzt abonnieren!





