Taylor-Verhaftung löst Ängste aus

Sierra-leonische Opferverbände fürchten, Ex-Diktator könnte Prozess als Plattform benutzen.

Verbände von Bürgerkriegsopfern in Sierra Leone begrüßen die Festnahme von Charles Taylor. Dennoch hegen sie die Befürchtung der Ex-Diktator könne den Prozess in Freetown als Plattform nutzen, um seine bewaffneten Anhänger in Sierra Leone und Liberia um sich zu scharen. Dies berichtet die Frankfurter Hilfs- und Menschenrechtsorganisation medico international, die seit mehreren Jahren Opferverbände in dem westafrikanischen Land unterstützt.

Die Befürchtungen der Bürgerkriegsopfer, so Anne Junge von medico international, seien berechtigt. "Der Friedensprozess in dem westafrikanischen Land ist nach wie vor sehr fragil", so die medico-Campaignerin, verantwortlich für Kampagne zur Eindämmung von Konfliktdiamanten "Fatal Transactions". John Caulker von der von medico unterstützten Truth and Reconcliation Working Group (TRWG) in Sierra Leone kritisiert, dass beispielsweise die Empfehlungen der Wahrheits- und Versöhnungskommission vom Sommer letzten Jahres nicht umgesetzt wurden. Besonders der von der Kommission empfohlene Kriegsopferfonds zur Entschädigung der zahlreichen Bürgerkriegsopfer liegt auf Eis. "Eine Entschädigung der Opfer wäre ein wichtiges Signal zum Frieden", so Caulker. Die fehlende Entschlossenheit der Regierung in Sachen Kriegsopferentschädigung, so fürchtet Caulker, könne sich auch bei einem halbherzigen Umgang mit Taylor wiederholen. Auch Edward Conteh von der "Amputees and War Wounded Association" sieht angesichts der Tatenlosigkeit der Regierung den Frieden in Gefahr: "Für mich gibt es in Sierra Leone keinen Frieden, weil die Töchter und Söhne der Opfer leiden. Die von ihnen empfundene Ungerechtigkeit kann sie wieder zu den Waffen greifen lassen."

Die ebenfalls von medico international geförderte sierra-leonische Amputees and War Wounded Association richtet ihre Entschädigungsforderungen auch an die internationale Diamantenindustrie. Über den Handel mit Diamanten unterstützte Charles Taylor die sierra-leonische Rebellengruppe RUF (Revolutionary United Front). Auf Grund der Verzögerungen bei der Implementierung des Kriegsopferfonds werden Vertreter der TRWG und der Amputees and War Wounded Association, mit der Unterstützung von medico international eine Lobbyreise antreten. Im Mai dieses Jahres werden sie europäische Regierungen bitten, Einfluss auf den Implementierungsprozess zu nehmen.

medico international ist Mitglied der internationalen Kampagne Fatal Transactions. Die Kampagne wendet sich gegen kriegsfinanzierenden Rohstoffhandel. Fatal Transactions informiert seit vielen Jahren über den Zusammenhang von Diamantenhandel und Krieg in Sierra Leone.

Kontakt

Kontakt

  • Anne Jung, medico international, 069 944 38 27, 0179-123 07 19 oder
  • John Caulker, Truth- and Reconciliation Working Group, 00232-76-603038

 

Veröffentlicht am 07. April 2006

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