Sexuelle Gesundheit für Alle!

Das MARSA Zentrum für sexuelle Gesundheit in Beirut

In Beirut eröffnete ein medizinisches Zentrum, das vorurteilslos aufklärt und hilft.

So aufgeschlossen und liberal sich die libanesische Hauptstadt Beirut gibt, wenn sie mit ihren Nachtbars und einem großen Markt an käuflicher Sexualität besonders für die zahlreichen golf-arabischen Touristen während der Sommermonate mit dem im Bürgerkrieg vergangenen Glanz des „Paris des Ostens“ wirbt, so sehr beharrt sie für ihre eigenen Mitglieder beim Thema Sex auf den Normen der „anständigen Gesellschaft“. Orthodoxe Christen und Sunniten, Maroniten und Schiiten, Libanesen und Palästinenser schweigen Homosexualität tot und untersagen Frauen den Sex vor sowie außerhalb der Ehe. Werden Ärzte von jungen Leuten und Frauen wegen sexuell übertragbarer Krankheiten konsultiert, brechen sie regelmäßig die Schweigepflicht. Eine Beratung zu Verhütungsmitteln für nicht verheiratete Frauen erscheint den meisten unmoralisch. Zugleich sind im Wunderland der Schönheitschirurgie, das einst die „libanesische Nase“ erfand, auch die berüchtigten „Rekonstruktionen des Jungfernhäutchens“ ein gutes Geschäft, um den Schein von Sitte und Anstand unter familiärem Druck und Schmerzen aufrecht zu halten.

Ein vertrauenswürdiger Anker

Das von AktivistInnen der libanesischen Lesben- und Schwulenorganisation Helem 2009 eröffnete Zentrum für sexuelle Gesundheit MARSA („Anker“) bietet vertraulich und vorurteilslos medizinische, soziale und psychologische Beratung und Behandlung in allen Fragen der sexuellen Gesundheit an, je nach Zahlungsfähigkeit zu subventionierten Preisen oder kostenlos. Schwerpunkte bilden HIV-Beratung und die Unterstützung Betroffener im Kampf um ihr Recht auf Behandlung im öffentlichen Gesundheitswesen. Psychologische Beratung bei Zweifeln und Fragen zur Geschlechtsidentität und bei familiären und partnerschaftlichen Konflikten und soziale Unterstützung gehört ebenso dazu wie die Präsenz engagierter ÄrztInnen, die vor Ort auch auf andere sexuell übertragbare Krankheiten untersuchen können und bei Bedarf an vertrauenswürdige Fachleute weitervermitteln. Waren es in der ersten Zeit durch die räumliche und inhaltliche Nähe zu Helem vor allem schwule Männer, die MARSA aufsuchten, so hat sich MARSA von Anfang an als ein Zentrum präsentiert, das allen Menschen mit Fragen und Problemen zu Sexueller Gesundheit offen steht – schon deshalb, weil die sexuelle Selbstbestimmung heterosexueller Frauen kaum weniger eingeengt wird als die von Lesben, Schwulen oder Transsexuellen. Eine spezielle Sprechstunde zu Frauengesundheit informiert und berät zu Fragen der spezifischen weiblichen sexuell übertragbaren Krankheiten und zur Empfängnisverhütung.

Mit der Anerkennung als NGO steht auch einer offensiven Öffentlichkeitsarbeit nichts mehr im Weg: „Wir helfen schamlos in allen Fragen der Sexualität“, heißt es auf Plakaten, die nicht nur in Kneipen und Bars, sondern auch auf den Straßen der Partymeilen und in den Studentenvierteln der Stadt hängen. Zum jährlichen Weltaidstag am 01. Dezember sind freiwilligen Gruppen unterwegs und verteilen Kondome, und zum 8. März 2014 erschien sogar ein Video Clip auf der facebook-site von MARSA, in dem Frauen über ihr ganz persönliches Verhältnis zu den weiblichen Geschlechtsteilen sprechen – wirklich Unerhörtes in Nahen Osten.

Veröffentlicht am 25. Januar 2014

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