Pressemitteilung, 04.12.2025

Syrien: Ein Jahr ohne Assad

04.12.2025  

Die Assad-Dynastie ist Geschichte. In die syrische Aufbruchsstimmung mischt sich auch die Ungewissheit über die nahe Zukunft des Landes.

Am kommenden 8. Dezember jährt sich der erste Jahrestag des Sturzes von Bashar al-Assad. Die Assad-Dynastie beherrschte jahrzehntelang Syrien und verübte mit seinen Verbündeten seit 2011 systematisch Kriegsverbrechen an der eigenen Bevölkerung. Seitdem arbeitet die Frankfurter Hilfs- und Menschenrechtsorganisation medico international mit Partnerorganisationen vor Ort zusammen, darunter auch in den Gebieten der kurdisch dominierten Selbstverwaltung in Nord-Ost-Syrien. 

Anita Starosta, medico-Referentin für Syrien, besucht seit vielen Jahren die Region und kommentiert anlässlich des Jahrestages:

 

„Zweifellos liegt die Zukunft Syriens weiterhin im Argen. Der Sturz der Assads brachte dennoch eine entscheidende Gewissheit: auch Ewigkeiten sind endlich! Bei meinen Besuchen in den vergangenen Monaten konnte ich eine syrische Gesellschaft erleben, die endlich aufatmen und nach vorne blicken kann – wenn auch in Habachtstellung. Die HTS-Armee unter Interimspräsident Ahmed al-Scharaa ist zurzeit entweder nicht in der Lage oder nicht willens, radikale Gruppen zu kontrollieren, die Massaker an der alawitischen und drusischen Bevölkerung verübt haben. 

Aufgrund einer fehlenden Übergangsjustiz, einer Wirtschaftskrise und den nach wie vor immensen Zerstörungen privater wie öffentlicher Infrastruktur kann aktuell nicht ernsthaft über eine allgemeine Rückkehrpflicht für Syrer:innen aus Deutschland gesprochen werden. Die dazu zuletzt getätigten Aussagen von Friedrich Merz, Jens Spahn und weiteren Politiker:innen verdeutlichen einmal mehr deren Unkenntnis der sozialen, wirtschaftlichen und politischen Lage vor Ort. Als medico international laden wir Herrn Merz, Herrn Spahn und weitere Kabinettsmitglieder gerne dazu ein, uns bei kommenden Besuchen in Syrien zu begleiten. Der Austausch mit unseren syrischen Partnerorganisationen hilft, zu einer faktenbasierten Einschätzung der Situation zu gelangen und von unseriösen Rückkehrvorstellungen Abstand zu gewinnen.“

 

 

Auswahl von medico-Partnerorganisationen in Syrien:

Das Syrian Center For Legal Studies and Research leistete während des Krieges Inhaftierten und Gefolterten Rechtsbeistand und sammelt Beweise, um eine juristische Aufarbeitung zu ermöglichen. Diese Arbeit floss in mehrere Gerichtsverfahren in Deutschland gegen syrische Kriegsverbrecher ein. 

Der Kurdische Rote Halbmond (KRH) leistet in den Gebieten der Selbstverwaltung in Nord-Ost-Syrien umfassende Gesundheits- und Notfallversorgung. Im Zuge der Massaker gegen die alawitische Bevölkerung waren die Helfer:innen erstmals außerhalb des Autonomiegebiets tätig.

Die Menschenrechtsorganisation Rights Defense Initiative (RDI) führte seit Jahresbeginn in mehreren syrischen Städten Workshops mit verschiedenen ethnischen, kulturellen und politischen Statusgruppen durch und tritt damit für einen Versöhnungsprozess in Syrien ein.

 

Für Rückfragen & Interviewwünsche

Timo Dorsch, Pressereferent medico international, +49 160 40 66 331, presse@medico.de


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