Debatte über Entwicklungshilfe

Planetarische Solidarität

Ist eine dekolonisierte Entwicklungshilfe möglich? Rückblick auf die Veranstaltungsreihe Decolonizing Aid

Die Entwicklungshilfe muss dekolonisiert werden. Diese vor einigen Jahren noch radikale Forderung ist inzwischen Teil des Mainstreams, ja sogar des Regierungsdiskurses. So findet sich den jüngsten Leitlinien des Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung die Absicht formuliert, dass mit einer neuen „feministischen Entwicklungszusammenarbeit“ auch die Kontinuitäten der Kolonialgeschichte zu überwinden. Wie aber sähe eine solche Dekolonisierung aus? Kann Entwicklungshilfe dekolonisiert werden – oder ist das ein Widerspruch in sich? Genau diesen Perspektiven ist die Diskussionsreihe „Decolonizing Aid: Planetary Solidarity beyond Aid“, die medico zusammen mit dem Institut Mosintuwu in Indonesien und dem Arbeitsbereich Globaler Süden an der Frankfurter Universität organisiert, nachgegangen. In dem Austausch haben Teilnehmende aus vielen Teilen der Welt erkundet, wie globale Machtverhältnisse durch neue Formen der Entwicklungszusammenarbeit aufrechterhalten oder gar erneuert werden. Welche Rolle etwa spielt das Recht, auf das man sich berufen und das angerufen werden kann? Und welche Bedeutung kann ein politisches Verständnis von Rechten – von allen und jedem und jeder – haben? Verunmöglichen Implikationen von Universalismus und Kulturrelativismus in der Hilfe manche Transformationen? Würde Hilfe noch gebraucht, würden Hierarchien und Ungleichheiten als systemische Ungerechtigkeiten angegangen? Und was lässt sich von abolitionistischen und auf Restitution ausgerichteten Praktiken, Politiken und Historien lernen?

Inputs geliefert haben die Menschenrechtsaktivistin Sima Luipert aus Namibia, der nigerianische Architekt, Umweltschützer und Dichter Nnimmo Bassey, der Arzt und Experte für Fragen globaler Gesundheit Tammam Aloudat sowie die Intellektuellen Sabelo J. Ndlovu-Gatsheni von der Universität Bayreuth und Dr. Lata Narayanaswamy von der Uni Leeds. In den Sitzungen wurde immer wieder deutlich, dass sich die Frage der Hilfe mit den geopolitischen Verschiebungen mit verändert. Die Welt lässt sich nicht in dem überholten Nord-Süd-Muster denken und ordnen. Die Reihe ist beendet, die Debatten haben gerade erst begonnen.

Radwa Khaled-Ibrahim

 

Veröffentlicht am 27. März 2023

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