Gemeinsam mit attac, Foodwatch und neun weiteren Organisationen fordert medico Bundesfinanzminister Schäuble auf, sich nachdrücklich für eine effektive Regulierung der Rohstoffterminmärkte und damit für das Leben und die Gesundheit von Menschen einzusetzen.
Nahrungsmittelspekulation eindämmen – Offener Brief zum EU-Finanzministerrat:
Sehr geehrter Herr Dr. Schäuble,
die Deregulierung der Finanzmärkte hat die Weltwirtschaft in eine tiefe Krise gestürzt, unter der wir alle heute noch leiden. Zu den Exzessen der ungebändigten Finanzmärkte gehört auch die Spekulation an den Rohstoffterminbörsen. Diese dienen schon lange nicht mehr nur der Preisabsicherung von Rohstoffhändlern und der Preisfindung. Die Warenterminmärkte werden inzwischen von Hedgefonds, Banken, Investmentfonds und Versicherungen dominiert, die in völlig neuer Weise an diesen Märkten auf die Preise von Weizen, Soja oder Mais wetten. Mit fatalen Folgen: Es gibt erdrückende Belege dafür, dass diese exzessive Spekulation die Ausschläge an den Börsen auf die Spitze treibt, die Märkte destabilisiert, die Schwankungen der Lebensmittelpreise auf Rekordniveau hievt und dadurch Hungerkrisen verschärft, unter denen besonders die Ärmsten der Armen leiden.
In den nächsten Wochen wird der Europäische Rat der Finanzminister darüber entscheiden, ob die Rohstoffterminmärkte so effektiv reguliert werden, dass solche spekulativen Preiserhöhungen bzw. -schwankungen und ihre katastrophalen Auswirkungen eingedämmt werden können. Eine der wichtigsten Maßnahmen für dieses Ziel ist es, die Anzahl der von Händlern und Händlergruppen an den Börsen geschlossenen Verträge durch Positionslimits effektiv zu beschränken.
Der aktuelle Vorschlag des Rates enthält jedoch gefährliche Schwächen. Besonders kritisch ist, dass die vorgeschlagenen Limits nicht – wie es in den USA bereits beschlossen wurde – den außerbörslichen Handel, also die Schattengeschäfte einschließen. Die Finanzindustrie wehrt sich heftig gegen derartige Limits. Es kommt jetzt darauf an, dass der Ministerrat sich mit einer effektiven Regulierung durchsetzt. Und die Stimme des deutschen Finanzministers hat hier ein besonderes Gewicht! Sehr geehrter Herr Dr. Schäuble, Sie haben kürzlich zur Deregulierung der Finanzmärkte gesagt: „Alle haben bei diesem Wahnsinn mitgemacht, ich auch.“ Wir bitten Sie: Tragen Sie dazu bei, diesen Wahnsinn jetzt zu stoppen! Machen Sie von Ihrem Einfluss als deutscher Finanzminister Gebrauch. Überlassen Sie das Feld nicht ein weiteres Mal den Interessen der Finanzlobby!
Setzen Sie sich nachdrücklich für verpflichtende Positionslimits gegen exzessive Spekulation ein, die für einzelne Händler und Händlergruppen, alle Handelsmonate und alle Arten von Verträgen gelten, auch für diejenigen, die außerbörslich gehandelt werden.
Ihr Einsatz für eine effektive Regulierung der Rohstoffterminmärkte entscheidet über das Leben und die Gesundheit von Menschen.
Unterzeichnende Organisationen:
- Attac
- Campact
- foodwatch
- Gewerkschaft NGG
- KAB Deutschland
- medico international
- MISEREOR
- Oxfam Deutschland e. V.
- Südwind
- terre des hommes
- Weed
- Deutsche Welthungerhilfe