19.03.2012 Die Aktion ist beendet. 240.000 Unterschriften wurden an das Finanzministerium übergeben. Siehe Bericht Protest gegen das Geschäft mit dem Hunger.
Gemeinsam mit weiteren Nichtregierungsorganisationen unterstützt medico die Protestaktion „Mit Essen spielt man nicht“, mit der Bundesfinanzminister Schäuble aufgefordert wird, sich auf EU-Ebene für die Reform der Richtlinie für Finanzinstrumente einzusetzen, um die Preis treibende Spekulation mit Nahrungsmitteln zu stoppen.
Stoppen Sie den Wahnsinn!
Die Kampagne gegen die Spekulation mit Nahrungsmitteln hat Minister Schäuble in einem Brief aufgefordert, sich beim Europäischen Rat der Finanzminister für die Eindämmung des Terminhandels stark zu machen. Minister Schäuble hat kürzlich zur Deregulierung der Finanzmärkte gesagt: „Alle haben bei diesem Wahnsinn mitgemacht, ich auch.“ In dem Brief fordern die NGOs, darunter auch medico den Finanzminister auf: Tragen Sie dazu bei, diesen Wahnsinn jetzt zu stoppen!Zynische Wetten auf steigende Nahrungsmittelpreise
Banken und Fonds haben Rohstoffe wie weizen und Mais als profitable Anlagemöglichkeit entdeckt. Sie ködern Anleger mit der Aussicht auf hohe Gewinne bei steigenden Rohstoffpreisen. Je höher der Brotpreis, umso höher der Gewinn, lautet die zynische Formel bei diesen Wetten. Der Handel mit Rohstoffpapieren aller Art boomt. Mittlerweile werden nach Angaben von Analysten mehr als 400 Mrd. US-Dollar darin angelegt, mehr als dreißigmal so viel wie noch vor acht Jahren. Aber das ist nur die Spitze des Eisbergs: der außerbörsliche Handel, über den keine verlässlichen Informationen vorliegen, ist darin noch nicht eingerechnet.
Welche Folgen hat die Spekulation?
Diese exzessive Spekulation ist kein einfaches Nullsummen-Spiel, bei dem ein Anleger verliert, was ein anderer gewinnt. Denn das zusätzliche Geld, das in die Nahrungsmittelwetten fließt, beeinflusst die Preise auf den realen Märkten und lässt sie stärker nach oben und unten ausschlagen. Die Folge: die Preise für Nahrungsmittel orientieren sich nicht mehr allein an Marktfaktoren wie Angebot und Nachfrage, der Qualität von Ernten oder den Lagerbeständen, sondern an den Börsenkursen. Je mehr spekuliert wird, desto stärker schwanken die Preise und umso unberechenbarer werden die Märkte – für Verbraucher/innen genau wie für die Bäuerinnen und Bauern.
Als Finanzspekulanten 2007/2008 die Getreide- und Maispreise auf die Spitze trieben, stiegen die Preise für Grundnahrungsmittel auf den lokalen Märkten in Afrika um 70% und in Ostasien gar um 80%. Die rasant steigenden Preise für Lebensmittel führten zu Hungerprotesten und Aufständen in 61 Ländern. Die Zahl der Hungernden beträgt 2011 fast eine Milliarde. Besonders betroffen sind Frauen, denn sie sind oft die Ersten, die leer ausgehen, wenn das Essen nicht mehr ausreicht, um die ganze Familie zu ernähren.
Spekulation trifft die Ärmsten
Die Folgen der zunehmenden exzessiven Spekulation treffen vor allem die Ärmsten. Arme Familien in Entwicklungsländern geben oft mehr als die Hälfte ihres Einkommens für Lebensmittel aus. Steigen die Preise, wächst der Hunger. Besonders Frauen und Kinder leiden. Betroffen sind auch Kleinbäuerinnen und Kleinbauern: Langfristige Investitionen werden für sie durch stark schwankende Absatzpreise zum unkalkulierbaren Risiko.
Jetzt mitmachen: Hunger bekämpfen – Spekulation eindämmen!
Viele Faktoren beeinflussen die globalen Nahrungsmittelpreise, aber Spekulation wirkt als Trendverstärker. Steigen die Maispreise etwa, weil immer mehr Mais als Biosprit im Tank statt auf dem Teller landet, so heizen die Nahrungsmittelwetten die Preise weiter an. Die Politik muss die Finanz- und Rohstoffmärkte stärker regulieren und preistreibende Nahrungsmittelspekulation stoppen! In der EU wird derzeit (2012/2013) an der Überarbeitung einer zentralen Finanzmarkt-Richtlinie gearbeitet. Das ist eine Gelegenheit, dem Geschäft mit dem Hunger einen Riegel vorzuschieben.
Im Bündnis setzen sich Attac, Campact, medico international, Misereor, Oxfam, das Südwind Institut, Terre des hommes, WEED, Foodwatch und Welthungerhilfe für das Ende der preistreibenden Spekulation mit Nahrungsmitteln ein. Wir organisieren öffentlichkeitswirksame Aktionen und machen gemeinsam politische Arbeit zum Thema.
Wir fordern:
- Transparenz an den Rohstoffbörsen durchzusetzen (z.B. durch strenge Berichtspflichten),
- ein Verbot von Investmentfonds an den Agrarrohstoffmärkten,
- strikte Beschränkungen für den Terminhandel mit Nahrungsmitteln (zum Beispiel durch unumschiffbare Positionslimits),
- wirksame Kontrollen durch starke Aufsichtsbehörden, die auch präventiv eingreifen können.
Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble muss sich in Brüssel für wirksame Maßnahmen zur Regulierung der Finanzmärkte einsetzen.