medico investigativ

Das Geschäft des Bürgerkriegs

Mehr als ein Drittel des afrikanischen Bruttosozialprodukts wurde im Jahr 1998 für den Erwerb von Waffen ausgegeben. Das freut die Rüstungsunternehmen. Das wird von den Regierungen der Anbieterseite mal gern gesehen, mal geduldet und vertuscht und oft genug aktiv unterstützt, die nach dem Ende des Kalten Krieges zunächst einen Niedergang des Waffenmarktes fürchteten. Zur neuen Moral gehört allerdings, im Verbund mit Waffenlieferungen an die Empfänger zu appellieren, sie möglichst nicht oder nur menschenrechtlich einwandfrei zu benutzen. Die Doppelzüngigkeit der Bundessicherheitsräte aller waffenliefernden Regierungen besteht darin, wenn westliche wie östliche Regierungen in Lippenbekenntnissen die Eindämmung des Handels mit Schußwaffen fordern, zugleich aber zum Wohle heimischer Rüstungsindustrien fördern. Einen kleinen Lichtblick am Rande sollte man erwähnen: der südafrikanische Verteidigungsminister Modise kündigte kürzlich die Vernichtung von 262.667 Schußwaffen aus »Überschußbeständen« der Armee an, die nicht mehr – wie bisher – weiterverkauft werden sollen. Dazu gehören 1300 israelische Uzi-MP’s sowie britische Vickers Maschinengewehre. Doch wie mühsam der Kampf gegen die Weiterverbreitung von Schußwaffen in Afrika ist, zeigt eine andere südafrikanische Meldung: 11 Tonnen Munition und 20 Tonnen Schußwaffen wurden vernichtet, ohne daß der Preis für eine Schußwaffe auf dem Schwarzmarkt des Landes gestiegen wäre.

Die mondialen Handelsvertreter für »Hardware« sorgen für ständigen problemlosen Nachschub. Im Kronberger exterritorialen Schloßhotel trafen sich im Januar 1999 der Franzose Roland Correl, die belgischen Staatsbürger Geza Mezosy und Mathias Hitiamana, um weitere Waffenlieferungen Richtung Angola und Kongo zu verabreden. Ohne staatliche Deckung wäre ihre Tätigkeit kaum möglich. Das belegt auch der Fall des heute in Paris lebenden Libanesen Sarkis Soghanalian. Mit einem raren US-Paß ausgestattet gilt er als einer der Veteranen des Waffenhandels in Afrika. Für die französische Regierung und den Ölkonzern ELF Aquitaine soll er den Nachschub für die Truppen von Sassou-Nguesso nach Kongo-Brazzaville organisiert haben, der 1997 in einem blutigen Bürgerkrieg Präsident Lissouba stürzte. Nach Angaben der Washingtoner Stiftung »Public Education Center« (PEC), die mit hohem Forschungsaufwand eine jährliche Liste der am Waffenhandel Beteiligten erstellt, soll Soghanalian auch über gute Kontakte zum amerikanischen Geheimdienst verfügen. Wie wichtig solche Beziehungen sein können, erfuhr auch der US-Bürger Fred Zeller, der – für die CIA – früher der angolanischen Unita dienlich war und sich anschließend im Waffenhandel mit dem ruandischen Hutu-Regime versuchte.

Auch der fleißigste Waffenhändler dürfte ohne ein Netzwerk zur Zusammenarbeit bereiter Firmen Schwierigkeiten haben, die Wünsche der Kundschaft umgehend zu befriedigen. Dabei handelt es sich nach Auskunft des renommierten »Public Education Centers« nicht nur um Gesellschaften, die in östlichen oder Dritte-Welt-Staaten registriert sind. Half die saudische Gesellschaft »Trans Arabian Transport Company« (sie gehört einem Saudi sudanesischer Abstammung), die burundische Regierung mit Waffen zu versorgen, die russische »Ecotrends« der angolanischen Unita und die »Aeroflot« mit Waffenlieferungen an das frühere ruandische Hutu-Regime, so soll die tansanische »Hassan Transport Company« alle ruandischen Regierungen und die südafrikanische »Spoornet« sowohl Burundi als auch Ruanda versorgt haben. Ungleich größer aber, so die Studie, sei die Zahl belgischer und französischer Unternehmen, die in den Waffenhandel nach Afrika verwickelt sein sollen. Lieferte die belgische »Cogimex« ebenso wie die »CEP NV Ltd.« nach Angaben von »PEC« Waffen an Burundi und versorgte die Brüsseler »Trans Air Cargo« die Unita, so half der französische Söldner Alain Timsit den Kämpfern Lissoubas in Kongo-Brazzaville und die »DYL-Invest« des 1997 verstorbenen Dominique Lemonnier über das frühere Zaire dem ruandischen Hutu-Regime. Belgien hat dabei offenbar – ebenso wie Bulgarien – keine Schwierigkeiten beide Kriegsparteien in Burundi mit Waffen zu versehen. Der belgische Hafen Ostende gilt ohnehin – ebenso wie der bulgarische Hafen Burgas – als ein Hauptumschlagplatz der für Afrika bestimmten Todesgeräte. Antwerpen ist zugleich Handelsplatz für afrikanische Diamanten, mit denen die Käufe finanziert werden. Hier schließt sich der Kreis, den es endlich aufzubrechen gilt: Fatal Transaction!

Hans Branscheidt / Anne Jung

Veröffentlicht am 01. November 1999

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