Entwicklungshilfe

Wenn die Welt sich abwendet

30.06.25   Lesezeit: 2 min  
#kritische hilfe 

Ein Kommentar aus Somalia zur Streichung internationaler Hilfsgelder.

Die drastischen Kürzungen von internationalen Hilfsgeldern, insbesondere in den USA und Deutschland, sind nicht nur Zahlen auf einem Blatt Papier – sie bedeuten für Millionen von Menschen den Unterschied zwischen Überleben und Tod. In Kenia und Somalia zerfallen vor unseren Augen die Errungenschaften jahrzehntelanger harter Arbeit. Lebensrettende Dienste in den Bereichen Gesundheit, Ernährung und Zugang zu sauberem Wasser verschwinden, während Familien, die einst durch Programme zur Sicherung des Lebensunterhalts einen Weg in die Stabilität gefunden hatten, nun kaum noch oder gar keine soziale Absicherung mehr haben. Da aktuell nur elf Prozent des Humanitären Hilfsplans für 2025 finanziert sind, benötigen fast sechs Millionen Menschen in Somalia weiterhin dringend Hilfe.

Die Kürzungen wirken sich aber nicht nur auf die humanitäre Versorgung aus, sondern destabilisieren ganze Gesellschaften. In Somalia, wo fragile Fortschritte auf dem Weg zu einem friedlichen Staatswesen erzielt wurden, führt die Kombination aus wachsender Ressourcenknappheit, zunehmender Repression und internationalem Rückzug zu einem gefährlichen Machtvakuum. Extremistische Gruppen wie Al-Shabaab gewinnen an Boden, während wachsende Frustration und Perspektivlosigkeit immer mehr junge Menschen in die Gewalt, Radikalisierung oder Flucht als letzten Ausweg treiben.

Lokale Organisationen, die seit langem als Brücke zwischen der Bevölkerung und dem Staat fungieren, stehen kurz vor dem Zusammenbruch. Der Rückzug der internationalen Gemeinschaft droht autoritäre Tendenzen zu schüren und eine ohnehin fragile Region weiter ins Chaos zu stürzen – mit langfristigen Folgen für Sicherheit und Menschenrechte.

Wenn die Welt sich abwendet, werden die Schwächsten mit Hunger, Gewalt und Verzweiflung allein gelassen. Als lokale Organisation tun wir alles, was wir können, aber die durch die Kürzungen entstandene Ressourcenlücke ist einfach zu groß. Ohne internationale Solidarität sind wir gezwungen, jeden Tag unmögliche Entscheidungen zu treffen.

Dr. Abdullahi Hirsi, Susan Wamuti und Francis Kage von der medico-Partnerorganisation NAPAD

Dieser Beitrag erschien zuerst im medico rundschreiben 02/2025. Das Rundschreiben schicken wir Ihnen gerne kostenlos zu. Jetzt abonnieren!


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