21.03.2023 | Berlin
Das 1 x 1 der globalen Gesundheitspolitik
Gesundheits-Fachkräftemangel in Deutschland und Europa – Auswirkungen und Lösungsansätze. Seminar auf dem Kongress Armut und Gesundheit
Beitrag der Deutschen Plattform Globale Gesundheit zu Armut und Gesundheit 2023
Termin: Dienstag, 21.03.23, 16:00 – 17:30 Uhr
Ort: FU Berlin, Henry-Ford-Bau
Format: Fachforum (drei Inputs mit Nachfragen, Diskussion mit Publikum, 90 min)
Titel: Das 1x1 der Globalen Gesundheitspolitik: Gesundheits-Fachkräftemangel in Deutschland und Europa – Auswirkungen und Lösungsansätze
Die Debatten und Arbeitskämpfe der letzten Jahre um eine qualitativ hochwertige Gesundheitsversorgung in Deutschland und anderen europäischen Ländern haben ihren Ursprung vorwiegend im Mangel an gut qualifiziertem Personal. Diese Problematik wird durch schlechte Arbeitsbedingungen weiter begünstigt. Lösungen für den Fachkräftemangel werden daher oft transnational gesucht, welches an der zunehmenden Abwerbung von Gesundheitsfachkräften entlang globaler ökonomischer und sozialer Unterschiede sichtbar wird. Dies kann relevante negative Folgen für Chancengleichheit im Zugang zu guter Gesundheitsversorgung und guten Arbeitsbedingungen in einer globalen, regionalen und lokalen Perspektive auf Gesundheit haben. Der „WHO Code of Practice on the International Recruitment of Health Personnel“ soll diese Ungleichheiten adressieren und Rahmenbedingungen schaffen, die die Interessen potenzieller Herkunftsländer und der Fachkräfte berücksichtigen. Es stellt sich die Frage, ob der freiwillige Kodex dazu das geeignete Instrument ist. Im Fokus auf nationaler Ebene stehen zudem die negativen Effekte einer weit verbreiteten Kommerzialisierung im Gesundheitswesen, die oft zu einer ineffizienten Verteilung von Fachkräften führt und prekäre Arbeitsbedingungen in den Pflege- und Gesundheitsberufen begünstigt.
In diesem Fachforum sollen Politik-Optionen auf nationalem und internationalem Level diskutiert werden, die die wachsenden Ungleichheiten in der und durch die Arbeitsmigration zu überwinden helfen.
Moderation: Mareike Haase Brot für die Welt / Anne Jung medico international
Referent*innen:
Mousa Othman / Faire Integration: Die Effekte der Anwerbepraxis im Gesundheitswesen auf migrantische Pflegekräfte – Erfahrungen aus der Beratungsarbeit von Faire Integration
Eine zentrale Strategie gegen Pflegekräftemangel im deutschen Gesundheitswesen ist die Abwerbung von Fachkräften aus dem außereuropäischen Ausland. Diese Menschen sind besonders vulnerabel, wenn es um ihre Rechte auf dem Arbeitsmarkt geht. Von dubiosen Praktiken privater Vermittlungsagenturen über mangelhafte Integrationsarbeit im Betrieb zu aufenthaltsrechtlichen Abhängigkeitsverhältnisse gegenüber ausbeuterischen Arbeitgebern. Diese und weitere Erfahrungen aus der Beratungsarbeit des gewerkschaftsnahen arbeitsrechtlichen Beratungsnetzwerks Faire Integration werden in einer kritischen Bestandsaufnahme aufgezeigt.
Karen Spannenkrebs / Vdää: Pillars of health – Europäische Perspektiven auf Gesundheits-Fachkräftemangel und internationale Abwerbung
In der europäischen Region findet ein reger Austausch an Gesundheitsfachkräften entlang ökonomischer Gradienten statt. Besonders die erleichterten Zuwanderungsregelungen, aber auch gezielte Abwerbestrategien einzelner Länder verstärken diesen Trend. Obwohl die meisten Staaten sowohl Herkunfts- als auch Zielland von Migration sind, profitieren auch in Europa vor allem reichere Länder, während ärmere Staaten unter der massenhaften Abwanderung ihrer Gesundheitsfachkräften leiden. Zurück bleiben unterversorgte Gebiete gerade in ländlichen Regionen. Strategien gegen eine Zunahme der Ungleichheit werden diskutiert.
Remco van de Pas / Center for Planetary Health: Die Rolle der WHO und des Code of Practice on the International Recruitment of Health Personnel
Die Umsetzung des (freiwilligen) WHO Code of Practice on the International Recruitment of Health Personnel bleibt unzureichend, die Kriterien nach denen Länder mit Fachkräftemangel von der aktiven Abwerbung ausgeschlossen werden sollen, sind intransparent. Forderungen nach einer Verschärfung des Codes und einer stärkeren Rolle der WHO bei der Überprüfung der Umsetzung des Codes werden vorgestellt und diskutiert