Kimberley-Prozess gegen Konfliktdiamanten ist völlig unzureichend

medico international fordert größere Rechtsverbindlichkeit

02.11.2010  

Die Frankfurter Hilfs- und Menschenrechtsorganisation medico international weist anlässlich der Kimberley-Prozess-Konferenz in Jerusalem darauf hin, dass das 2003 in Kraft getretene Kimberley-Prozess-Zertifizierungssystem (KPCS) völlig unzureichend ist.

Es verpflichtet Staaten zu innerstaatlicher Kontrolle des Diamantenhandels und mit Zertifikaten sicherzustellen, dass keine Konfliktdiamanten auf den Markt gelangen.

Die Definition von Konfliktdiamanten greift jedoch zu kurz, da sie auf Diamanten beschränkt ist, die von illegitimen Akteuren wie Rebellenbewegungen gehandelt werden.

Die Produktionsbedingungen der Diamanten werden im KPCS nicht thematisiert. Diamanten, die zwar legal, aber unter schweren Menschenrechtsverletzungen abgebaut werden, fallen nicht in die Statistik der Konfliktdiamanten.

Anne Jung, Kampagnenkoordinatorin bei medico international, sagt: „Ein Hauptproblem des KPCS ist es, dass es sich nicht um ein rechtlich verbindliches Abkommen handelt. Es beruht primär auf Kriterien der Selbstverpflichtung. Daher kann es seine Wirkungskraft nur mit der aktiven Unterstützung des jeweiligen Landes entfalten.“

Das sierra-leonische Network Movement for Justice and Development, medico-Partnerorganisation und afrikanischer NGO-Vertreter beim Kimberley-Prozess, warnt davor, dass Selbstverpflichtungsabkommen vor allem der Industrie dienen:

„Der Kimberley-Prozess wird inzwischen von der Industrie dominiert. Es ist nur schwer möglich, Vertreibungen, die fehlenden Kompensationszahlungen und die katastrophalen Arbeitsbedingungen auf den Treffen zu besprechen“, sagt Abu Brima vom NMJD.

Juristisch ungesicherte Abkommen bergen grundsätzlich das Risiko, dass sie von Industrieunternehmen zur Imageaufbesserung instrumentalisiert werden, ohne dass solche Vereinbarungen zu spürbaren und nachhaltigen politischen Veränderungen beitragen.

Das aktuelle Beispiel der Diamantenfunde in Simbabwe zeigt, wie notwendig eine Reform des KPCS ist. Dort wurden 2008 Zehntausende Menschen im Auftrag der Regierung aus der Diamantenregion vertrieben, Hunderte Minenarbeiter wurden getötet.

Trotz der gravierenden Menschenrechtsverletzungen im Diamantengebiet Marange – hauptsächlich durch Polizei und Militär – wurde Simbabwe nicht aus dem Kimberley-Prozess ausgeschlossen. Auch nachdem ein „gemeinsamer Arbeitsplan“ zwischen Kimberley und Simbabwe nicht eingehalten wurde, um die minimalen Standards des Zertifikates zu erfüllen, wurden keine weiteren Schritte unternommen.

Menschenrechtsverletzungen wie Kinderarbeit und Zwangsarbeit sind Alltag in der Region Marange. Und dennoch fallen die simbabwischen Diamanten nicht unter das KPCS, auch weil die offizielle Regierung der Handelspartner ist.

Eine Erweiterung und Präzisierung des KPCS und eine größere Rechtsverbindlichkeit wäre ein wichtiger Schritt für mehr Rohstoffgerechtigkeit, vor allem weil das KPCS als Modell für eine generelle Definition von Konfliktressourcen betrachtet wird.

Kontakt

Pressekontakt:

  • Anne Jung, medico international: Tel. 0179/1230719 oder jung@medico.de

 


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