50 Jahre medico

Hilfe im Handgemenge

Die Anfänge. medico international wird im Mai 1968 gegründet. Es ist eine Zeit des Aufbruchs, aber auch der Kriege in Vietnam und Biafra. medico sammelt Medikamente und Altkleider und schickt sie nach Biafra. Weitere Hilfslieferungen und Personaleinsätze folgen. Mit der Zeit gerät der politische Kontext in den Blick und stellen sich bohrende Fragen nach den gesellschaftlichen Ursachen von Not und Elend. Die Politisierung verändert die Arbeit: medico will nicht einfach Katastrophenhilfe leisten, sondern selbstständige Entwicklung fördern – Hilfe zur Selbsthilfe.
 

Die 1980er Jahre. Im Jahrzehnt der Befreiungsbewegungen erprobt medico an vielen Orten der Welt, was von nun an „Befreiungshilfe“ genannt wird. Statt Medikamente zu versenden, baut medico in Übereinstimmung mit dem Konzept der Primary Health Care mit Partnerorganisationen vor Ort Basisgesundheitsdienste auf: in Lateinamerika, Südafrika und Namibia, den palästinensischen Lagern und Siedlungen des Libanon, später auch in den kurdischen Gebieten des Irak und der Türkei. Das neue Verständnis von Hilfe und Solidarität verändert auch medicos Öffentlichkeitsarbeit: Diente sie anfangs ausschließlich der Spendensammlung, wird sie zur politischen Aufklärung, zur „Informationshilfe“. 
 

Die 1990er Jahre. Im Zuge der politischen und ökonomischen Umwälzungen, die bald „Globalisierung“ genannt werden, muss auch medico sich neu orientieren. Durch globale Vernetzung mit anderen Organisationen wirkt medico an einer „Globalisierung von unten“ mit. Gemeinsam mit den Vietnam Veterans of America initiiert medico 1993 die Kampagne für ein weltweites Verbot von Landminen, die im Oktober 1997 mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet wird. Auch im Rahmen des von 93 Gesundheitsorganisationen aus aller Welt gegründeten People's Health Movement (PHM) wird die globale Vernetzung vorangetrieben.
 

Die 2000er Jahre. Das medico-Konzept der Kritischen Nothilfe muss sich angesichts verheerender Naturkatastrophen in Mittelamerika, Südasien und auf Haiti immer neu bewähren. Daneben stehen zunehmend die Auswirkungen des neoliberal globalisierten Kapitalismus im Fokus – sei es der Rohstoff-und Landraub durch internationale Konzerne, seien es die Folgen des weltweiten Kahlschlages sozialer Sicherungssysteme und der Destabilisierung staatlicher Strukturen. medico nimmt die Debatte auf, wie Hilfe zugleich „verteidigt, kritisiert und überwunden“ werden kann.   
 

Die 2010er Jahre. Der Arabische Frühling weckt Hoffnung, schlägt vielerorts aber schnell in neue Unterdrückung um. Der Krieg in Syrien wird zum Sinnbild einer entgrenzten Gewalt. Diese, aber auch zerstörte Lebensgrundlagen und Perspektivlosigkeit im „globalen Süden“ lösen wachsende Flucht- und Migrationsbewegungen aus. medico verteidigt das „Recht zu gehen und zu das Recht zu bleiben“. Im Mittelpunkt steht die Zusammenarbeit mit Organisationen und Initiativen in Form einer solidarischen Partnerschaft. Daneben engagiert sich medico verstärkt für den Aufbau einer transnationalen Gegenöffentlichkeit, in der sich die Ideen von einem menschenwürdigen Leben, überall gültigen Menschenrechten, sozialer Verantwortung und allen zugänglichen institutionalisierten Gemeingütern bündeln. 

Veröffentlicht am 26. April 2018

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