Health Action International

Portrait

»Karel Vita Hudson«, oder kurz »KVH«, heißt der Multi aus Basel, Seattle und Vancouver, den der Meister des politischen Krimis John Le Carré ins Visier nimmt. Es geht um ein neues Medikament gegen Tuberkulose. Getestet wird es über eine britisch-kenianische Firma namens ThreeBees. Dabei beschreibt Le Carré nicht nur, wie der Pharmamulti die Afrikaner als »Versuchskaninchen« (Guineapigs) mißbraucht und dabei tödliche Folgen in Kauf nimmt. Er sagt auch, daß der Konzern nicht vor Mord zurückschreckt, um seine Geschäfte durchzusetzen. Wörtlich: »Als meine Reise durch den Pharmadschungel fortschritt, habe ich herausgefunden, daß meine Geschichte, verglichen mit der Realität, zahm wie eine Ferienpostkarte ist. Das Übel sitzt in Basel«. Der Fingerzeig Le Carrés führt direkt auf eines der wichtigsten & durchaus auch investigativen Arbeitsfelder von medico: Der weltweite Pharmamarkt ist zur Zeit ca. 400 Milliarden US-Dollar schwer. Die 15 größten Unternehmen teilen sich davon fast die Hälfte – global players, die mit ihren Forschungsetats die öffentlichen Finanzhilfen für universitäre Forschungsinstitute ausstechen und sich über die Drittmittelfinanzierung längst wesentlichen Einfluß darauf gesichert haben, was & woran geforscht wird. Oftmals finden medizinische Journale oder nationale Zulassungsbehörden für eine kritische Beurteilung von laufenden Forschungsversuchen und neuen Medikamenten keine qualifizierten Fachleute mehr, die nicht selbst Geld von der Pharmaindustrie für ihre eigene Arbeit bekommen und somit ein »Conflict of Interest« nicht ausgeschlossen werden kann. Auch die Weltgesundheitsorganisation hat sich der »public-private-partnership« verschrieben. Bleibt anzumerken, daß »Partnerschaft« zwischen ungleichen Partnern die unterschiedlichen Interessen nicht verschleiern sollte; und die liegen bei der Pharmaindustrie nun mal beim Geldverdienen. Da läßt man schon mal mit sich über eine großzügige Arzneimittelspende mit sich reden, wenn dafür die ungeliebte Konkurrenz der »Nachahmer-Produkte«, die Generika-Industrie vom Markt ferngehalten wird. Geradezu klassisch führte das die Nummer 4 im Pharmabusiness, der Multi Pfizer im letzten Jahr vor, als der in Südafrika wegen des hohen Preises seines Medikamentes Fluconazol (Diflucan), das für die Behandlung schwerwiegender Pilzinfektionen bei immungeschwächten AIDS-Patienten lebensrettend ist, angegriffen wurde: Kosten für die notwendige Dauertherapie im Jahr ca. 3000 Dollar; geschätzter Profit für Pfizer in 1999 allein mit diesem Medikament 1,2 Mrd. Dollar. Gegen das Gesetz, das den Import einer Medikamentenkopie zu 5-10% des Preises des Originals aus Thailand erlauben sollte, legte Pfizer zusammen mit 40 anderen weltweiten Pharmafirmen (darunter auch Boehringer Ingelheim) Klage vor dem obersten Gericht in Südafrika ein und blockiert es bis heute. Transparenz in solchen (Geld-)Dingen ist keine Wunderwaffe, die das ökonomische Profitgesetz aushebeln kann, aber die unerläßliche Voraussetzung für eine hartnäckige Politik an der Seite der Opfer dieser Marktgesetze. Dazu braucht es Initiativen vor Ort, die die alltägliche Praxis des Marktes kritisch beobachten und eine internationale Vernetzung, die gemeinsame Interventionen initiiert.

HAI – Ein strategischer medico Partner

Eine solche Arbeit leistet seit jetzt über 20 Jahren das pharmakritische Netzwerk Health Action International, das medico international mitgründete und dauerhaft fördert. Die lokalen Initiativen in mittlerweile allen Kontinenten bilden nicht nur eine kritische Öffentlichkeit in Sachen Medikamentenwerbung, Preisgestaltung und Qualitätskontrolle des Arzneimittelmarktes, sondern engagieren sich ebenso für einen sinnvollen Einsatz von Medikamenten durch Information und Aufklärung von Professionellen und Konsumenten im Gesundheitswesen. Information und Aufklärung gerade auch über die Grenzen dieser »Wunderpillen« der modernen Medizin und die sozialen und gesellschaftlichen Ursachen von Krankheit und Gesundheit. Im gemeinsamen Netzwerk formulieren diese Initiativen vereint die überregionalen Strategien, die sich zur Zeit vor allem mit den Folgen der internationalen Handels- und Patentschutzabkommen für den Zugang zu innovativen Medikamenten für die Verlierer der Globalisierung beschäftigt.

Die Arbeit dieser sinnvollen Initiativen ist auf eine fortlaufende Unterstützung angewiesen. Um Ihre Mithilfe bitten wir sehr herzlich unter dem Stichwort: »HAI«.

Veröffentlicht am 01. März 2001

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