Berlin, 31. August 2011 – Die Situation der Hungernden in Ostafrika ist weiterhin dramatisch. Mehr als zwölf Millionen Menschen sind von der katastrophalen Dürre am Horn von Afrika betroffen. In manchen Gebieten sind bereits drei von zehn Kindern massiv unterernährt. „Der Hilfsbedarf wird noch über viele Monate hinweg riesig sein. Frühestens im Januar 2012 wird es wieder eine Ernte geben“, erklärt Peter Mucke, Geschäftsführer des Bündnis Entwicklung Hilft.
Die Bündnis-Mitglieder und Bündnis-Partner haben ihre Hilfsmaßnahmen in Kenia, Somalia und Äthiopien weiter intensiviert:
Brot für die Welt
Brot für die Welt arbeitet in Somalia über zwei lokale Partnerorganisationen. Für die laufenden Projekte erhalten diese zusätzlich 408.000 Euro für 2.050 Kinder und Jugendliche zum Wiederaufbau von Schulen sowie Unterricht in friedlicher Konfliktlösung in den kommenden beiden Jahren.
Die Diakonie Katastrophenhilfe, die Schwesterorganisation von Brot für die Welt, unterstützt die Dürre-Opfer mit Nahrungsmitteln, Trinkwasser, Latrinen und Notunterkünften. Auch diese Hilfsmaßnahmen werden von einer der lokalen Partnerorganisationen umgesetzt. Dafür hat die Diakonie Katastrophenhilfe kürzlich 345.000 Euro bereit gestellt. Sie unterstützt damit 28.800 innerhalb Somalias vertriebene Menschen.
In Kenia wird Brot für die Welt zwei bereits laufende Hilfsprojekte zur ländlichen Entwicklung und Ernährungssicherung ausweiten. Das evangelische Hilfswerk unterstützt auf diese Weise Familien von Kleinbauern und Viehhaltern bei der Anpassung ihrer Lebensweise an die veränderten klimatischen Bedingungen. Nur so können die Menschen und Tiere in dieser Region überleben. Langfristig sollen Bäuerinnen und Bauern in nachhaltiger Landwirtschaft ausgebildet werden. Sie erlernen Techniken, die für den Anbau in Trockengebieten unabdingbar sind, und erhalten Informationen zu Boden- und Erosionsschutz. Anbautechniken wie der Anbau von Feldfrüchten mit geringerem Wasserbedarf, Fruchtwechsel und Mischkultur beugen Missernten vor und sichern langfristig das Überleben in Dürreregionen.
Kenias Nomaden sind von der schweren Dürre besonders betroffen. Für die Viehhalter mit ihrer traditionell nomadischen Lebensweise bedeutet sie eine existentielle Bedrohung. Wenn das Vieh stirbt, gibt es keine Milch, kein Fleisch, keine Produkte, um Handel zu betreiben. Nur der Fortbestand ihrer Viehherden ermöglicht Nomadenfamilien nachhaltig ein Auskommen. Brot für die Welt bildet Nomaden in angepasster Viehhaltung aus und fördert die Haltung lokaler Geflügelrassen in 600 Familien. Veterinärmedizinische Assistenzkräfte werden ausgebildet und ausgestattet, die Kaninchenzucht für rund 300 kleinbäuerliche Familien ermöglicht.
In Äthiopien engagiert sich Brot für die Welt im Umfeld der Lager von Dolo Ado. Dort wird der Lebensraum der einheimischen Bevölkerung durch den Zuzug der vielen Flüchtlinge, durch Transporte und Versorgungsmaßnahmen schwer in Mitleidenschaft gezogen. Ein neues Projekt soll diesen Schäden entgegenwirken und die Lebensbedingungen für alle – Mensch und Tier, Einheimische und Flüchtlinge – wieder verbessern. Dazu gehören alle Maßnahmen zum Schutz der Wasserressourcen: Bestehende Brunnen und Pumpen werden renoviert oder instandgehalten. Neue Brunnen und Zisternen, die Regenwasser auffangen, werden errichtet. In der Umgebung legen die Dorfgemeinschaften Baumschulen an, pflanzen Setzlinge und junge Bäume. Gleichzeitig wird der Holzverbrauch beim Kochen durch holzsparende Ethanol-Öfen reduziert. Brot für die Welt hat dafür 300.000 Euro bereitgestellt und erreicht damit 100.000 Menschen in Äthiopien.
medico international
medico international ist über seinen lokalen Partner African Centre for Volunteers (ACV) aktiv. ACV arbeitet im Distrikt Garissa im Osten Kenias, wo drei Lager rund um den Ort Dadaab das weltweit größte Flüchtlingslager bilden. Täglich kommen hier Hunderte Flüchtlinge an. Die Organisation konzentriert ihre Hilfsmaßnahmen bewusst auf Siedlungen außerhalb der Lager, denn auch die kenianische Bevölkerung ist von der Hungersnot betroffen. Außerdem suchen immer mehr Flüchtlinge in den umliegenden Dörfern Zuflucht, weil die Lager hoffnungslos überfüllt sind.
Für Flüchtlinge wie Einheimische geht es um das Allernotwendigste: Versorgung mit Wasser, Nahrungsmitteln und Medizin. Nötig sind aber auch Gesundheitsaufklärung und die Stärkung der Basisgesundheitsversorgung. Sowohl ACV als auch medico international sind Teil des „People’s Health Movement“, einer weltweiten Gesundheitsbewegung, die sich für das Menschenrecht auf Gesundheit einsetzt. Dazu gehört auch die politische Auseinandersetzung mit der Frage, worin die Ursachen solcher Hungerkatastrophen liegen und wie sie beseitigt werden können.
Misereor
Misereor hat bisher für die Hilfe in den Hungergebieten Ostafrikas knapp 1,2 Millionen Euro bewilligt. Zur Linderung der Not in Somalia beteiligt sich das Hilfswerk aktuell zum Beispiel an der Versorgung von rund 30.000 Dürreopfern im besonders betroffenen südlichen Zentralsomalia, die Nahrungsmittel, Wasser, Hygiene-Sets, Saatgut und Dünger erhalten. Zudem wird das verbleibende Vieh von Tiermedizinern betreut. Ein weiteres von Misereor mitfinanziertes Projekt sichert die Versorgung von 40.000 Menschen in der genannten Region unter anderem mit Medikamenten, Spezialnahrung für Kinder, Schwangere und stillende Frauen sowie mit Mitteln zur Vorbeugung gegen Cholera. Zudem unterstützt Misereor die Versorgung von etwa 6.500 Binnenflüchtlingen mit Mais-, Sesam- und Erbsensaatgut.
In Äthiopien finanziert Misereor neben diversen anderen Hilfsmaßnahmen die Verteilung von Spezialnahrung an etwa 2.500 unterernährte Kinder unter fünf Jahren, Schwangere und stillende Frauen sowie die Bereitstellung von Medikamenten und medizinischem Material.
In Kenia setzt Misereor auf die Expertise langjähriger Partner wie Schwester Esther Mwaniki, Leiterin des „East Pokot Medical Project“ in der Region Baringo im Westen des Landes. Allein in dieser Region hungern rund 130.000 Menschen. „Vor allem Frauen und Kinder sind betroffen“, sagt Mwaniki. „Viele haben nicht mehr die Kraft, zu unseren Gesundheitsstationen zu kommen, deshalb fahren wir in dieser Situation direkt zu den Menschen und verteilen Lebensmittel und Wasser.“ Problematisch sei auch, dass Durchfall-Erkrankungen in East Pokot weiter zunehmen und die Menschen dadurch zusätzlich geschwächt werden. „Das Wasser ist oft mit Keimen verseucht“ sagt Schwester Esther, die seit Beginn der Hungersnot ununterbrochen mit ihrem Team im Einsatz ist, um den Menschen in East Pokot zu helfen.
Die von Misereor finanzierten 23 mobilen Gesundheitsstationen sind für die Menschen in der 4.500 Quadratkilometer großen Region die einzige Möglichkeit, sich behandeln und impfen zu lassen. Nun erhalten sie über diese Gesundheitsstationen auch Essen. Mit finanzieller Unterstützung von Misereor beschafft Schwester Esther Nahrungsmittel wie getrocknetes Gemüse, Hirse und Bohnen, dazu Wasser und Medikamente. Zudem investiert Misereor Geld in die Friedens- und Konfliktarbeit, da es in den Dürregebieten zum Teil zu massiven Konflikten um die knapper werdenden Ressourcen wie Wasser, Weideland und Vieh kommt.
Eines der am stärksten von der Dürre betroffenen Gebiete in Kenia ist das der Diözese Marsabit im Nordosten des Landes. Partner von Misereor berichten, dass die meisten natürlichen Wasserstellen ausgetrocknet sind und die Brunnen nicht mehr genug Wasser für Mensch und Tier bereithalten.
„Die Menschen überleben hier nur noch durch Wasserlieferungen mit Tankwagen“, erklärt Joseph Mirgichan, Entwicklungskoordinator der Diözese. „Die Menschen brauchen jetzt Wasser und Nahrung, aber sie müssen auch langfristig unterstützt werden.“ Mit der Soforthilfe verstärkt Misereor seine Unterstützung für das Wasser-Programm in Marsabit und versorgt die betroffenen Menschen überdies mit Nahrungsmitteln und Medikamenten. Eine Hilfe, die neben der Linderung der unmittelbaren Not auch dauerhaft wirkt.
„Durch Wasserrückhaltebecken, Brunnen, Untergrundreservoire und Regenwassersammeltanks erhält die besonders arme und benachteiligte Bevölkerung langfristig Zugang zu sauberem Trinkwasser“, erklärt Misereor-Geschäftsführer Martin Bröckelmann-Simon. „Mit dem Wasser kann auch das Vieh Dürreperioden länger überstehen. Für die Nomaden-Völker dieser Region ist das überlebenswichtig.“
Welthungerhilfe
Die Welthungerhilfe hat mehrere Mitarbeiter des Nothilfeteams in den Osten Kenias entsandt, wo sie Wassersammelbecken und öffentliche Zisternen mithilfe von Tanklastwagen füllen und neue Tanks aufstellen. Im Flüchtlingslager Dadaab versorgt das Hilfswerk in Kooperation mit ihrem italienischen Alliance2015-Partner Cesvi und dem Flüchtlingswerk der Vereinten Nationen (UNHCR) 180.000 Menschen mit Hilfsgütern.
In der Region Afar im Nordosten Äthiopiens versorgt die Welthungerhilfe zwei Monate lang mehr als 13.500 Menschen und 5.000 Kinder mit Nahrungsmitteln sowie 2.000 Schwangere oder Stillende mit spezieller Aufbaunahrung. Die Güter werden auf den lokalen Märkten eingekauft, die Verteilung von der lokalen Partnerorganisation unterstützt. In der von der Dürre besonders betroffenen Region Borena im Süden von Äthiopien sind Nahrungsmittelverteilungen in Vorbereitung. Ab Ende August werden Mais, Bohnen, Öl sowie Wasser verteilt. Hilfsmaßnahmen in weiteren Regionen sind in Planung: Verteilung von angereicherter Ergänzungsnahrung und die Beseitigung von Tierkadavern, die ein Gesundheitsrisiko darstellen.
In den betroffenen Dürregebieten im Süden Somalias und rund um die Hauptstadt Mogadischu ist die Welthungerhilfe über den Alliance2015-Partner Concern aktiv. Dort werden Nahrungsmittelrationen (Reis, Öl, Zucker, Mehl) für sechs Monate an knapp 2.000 Menschen verteilt. Um die einheimische Wirtschaft anzukurbeln, erhalten Familien Gutscheine, die sie in lokalen Läden gegen Nahrungsmittel umtauschen.
Für die Hilfsmaßnahmen in Kenia, Äthiopien und Somalia hat die Welthungerhilfe bisher 4,76 Millionen Euro bereitgestellt.
Christoffel-Blindenmission
Der Bündnis-Partner Christoffel-Blindenmission (CBM) ist im Norden und Nordosten Kenias aktiv, wo sich die Ernährungsunsicherheit seit Mitte 2010 drastisch verschärft hat. In den ersten Wochen versorgten Partner der CBM besonders verletzliche Menschen mit Lebensmitteln: Kleinkinder, die eine für sie geeignete Spezialnahrung benötigen, und Kinder und Erwachsene mit Behinderungen und ihre Familien.
An die Mütter von rund 800 Kindern unter fünf Jahren verteilte der CBM-Partner SPARK in Kirua eine besondere Zusatznahrungs-Mischung aus vier Mehlsorten. Dabei informierte er die Frauen auch über sinnvolle Ernährung und Hygiene unter den gegebenen Umständen. Insbesondere wies SPARK die Mütter darauf hin, wie wichtig es ist, in Zeiten von Nahrungsmittelknappheit ihre Kinder so lange wie möglich zu stillen. Die Rolle der Händehygiene bei der Vermeidung der Übertragung von Krankheiten wie zum Beispiel Trachom wurde erklärt. Dabei zeigten die Helfer auch ganz praktisch, wie man trotz Wassermangels optimal für persönliche Hygiene sorgen kann.
Das „Livelihood and Food Security Programme“ (Programm zum Aufbau von Existenzgrundlagen und Ernährungssicherheit) der Diözese Meru ist ein in Katastrophenhilfe sehr erfahrener Projektpartner. Seine Mitarbeiter identifizierten 1.600 Haushalte, die besonders bedürftig sind. An sie werden seit dieser Woche Lebensmittel verteilt. Auf diese Weise ist die Ernährung von rund 10.000 Menschen sichergestellt.
Die St.-Lucy-Schule für sehbehinderte Kinder ist zurzeit wegen der Ferien geschlossen. Viele Kinder konnten allerdings nicht nach Hause entlassen werden, weil ihre Familien als Viehhalter wegen der Dürre weitergezogen sind. Für ihre Versorgung wurden Mais, Bohnen, Reis, Zucker, Öl und Milch eingekauft. Die Schüler und Auszubildenden der Schule, die aus den von der Katastrophe besonders schwer betroffenen Gebieten stammen, erhielten eine „Nothilfe-Ausstattung“ in Form von Lebensmittelpaketen, Hygiene-Sets und Geld für die Finanzierung ihrer Heimreise.
APDK, ein Partner der CBM mit Sitz in Nairobi, baut seine Kapazitäten aus und erhöht seine Hilfsmittelproduktion. Für Menschen mit Behinderungen in der Nord- und Nord-Ost-Region Kenias werden dringend Rollstühle, Dreiräder und Rollatoren benötigt, die der Partner jetzt produziert. Für ihre Hilfsmaßnahmen in Kenia hat die CBM bislang 513.000 Euro bewilligt.
Kindernothilfe
Der Bündnis-Partner Kindernothilfe hat die Soforthilfe für die Menschen am Horn von Afrika auf 1,5 Millionen Euro erhöht und ist mit seinen Partnerorganisationen in Somalia, Äthiopien und Kenia tätig. In Mogadischu versorgt der Partner „International Aid Services“ (IAS) Somalia rund 3.200 Binnenflüchtlinge durch das Aufstellen von Wassertanks in Schulen, Wasserlieferungen per Tankwagen sowie das Verteilen von Lebensmitteln, Wasserbehältern, Kochutensilien und Plastikplanen zum Bau von Notunterkünften. Ein vergleichbares IAS-Projekt in Afgoye wird ebenfalls von der Kindernothilfe gefördert. Zudem hat IAS vier Kinderzentren in Mogadischu errichtet, in denen Kinder von Binnenflüchtlingen unter anderem Schutz, Essen und Spielmöglichkeiten erhalten.
Im kenianisch-somalischen Grenzgebiet bei Wajir versorgt der Kindernothilfe-Partner „Pact Kenia“ rund 22.000 Menschen in sieben Dörfern mit Wasser. Zudem erhalten dort 4.000 Kinder unter fünf Jahren Zusatznahrung. Mit Bohnen, Salz, Öl und spezieller Kindernahrung sowie Mitteln zur Wasseraufbreitung hilft der Partner Amurt im kenianischen Samburu-Distrikt rund 3.600 Menschen. In der Diözese Lodwar im Rift-Valley im Norden Kenias hat der Partner Hoffnungszeichen Nahrungsmittel, Seife und Kochutensilien an rund 9.000 Menschen verteilt. Ein „Food for Work“-Programm hat der Kindernothilfe-Partner Ripples in Zentral-Kenia aufgelegt: Die Bevölkerung legt Wasserauffangbecken an, um nach der nächsten Regenzeit besser für Dürrezeiten gerüstet zu sein. Für diese Arbeit erhalten rund 700 Haushalte mit über 1.500 Kindern Lebensmittel.
In den Distrikten Girja und Sawena im Südosten Äthiopiens versorgt der Kindernothilfe-Partner RCWDO rund 13.000 Menschen, darunter 3.500 Kinder, durch Schulspeisungen sowie Speisungen von stillenden Müttern und unterernährten Kindern. In Dolo Ado versorgt der Partner „IAS Ethiopia“ rund 15.000 unterernährte Kinder außerhalb des Flüchtlingscamps mit Aufbaunahrung.
Brot für die Welt, medico international, Misereor, terre des hommes und Welthungerhilfe leisten als Bündnis Entwicklung Hilft akute und langfristige Hilfe bei Katastrophen und in Krisengebieten. Christoffel-Blindenmission und Kindernothilfe sind Bündnis-Partner und seit Jahrzehnten in Ostafrika tätig. Für die Linderung der Not der Menschen in Ostafrika bittet das Bündnis Entwicklung Hilft die Bevölkerung um Spenden auf das
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Stichwort: Ostafrika
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