Das Recht zu bleiben

Power to the Bauer, Teil 3

Nach einem Pilot-Projekt und einem kleinen Projekt ("Mit Honig gegen die Verdrängung - Honigbienen für Bäuerinnen") im Jordantal erfolgt jetzt ein drittes, großes Projekt zur Stärkung der dortigen Landbevölkerung. Dort sind die Verdrängungs- und Ausschlussmechanismen der israelischen Besatzung, der ungleiche Zugang zu Ressourcen und Diensten augenscheinlich. Auf diese aufmerksam zu machen und nach möglichen Überwindungsstrategien zu suchen ist ein zentrales Anliegen von medico und seinen Partnern in Israel & Palästina.

Seit dem Osloer Friedensprozess wurden die Palästinensergebiete in A-, B- und C-Gebiete unterteilt. In der Regel umfassen die A-Gebiete die urbanen Zentren, die B-Gebiete die Dörfer und ihre Umgebung. In diesen Gebieten kontrolliert die palästinensische Autonomiebehörde die zivile Infrastruktur. Die C-Gebiete, immerhin über 60% der gesamten Westbank, stehen jedoch unter israelischer Verwaltung, und jede Infrastrukturmaßnahme muss von der israelischen Administration genehmigt werden. Genehmigungen gibt es jedoch kaum, da die israelische Politik auf die Verdrängung der palästinensischen Bevölkerung aus den C-Gebieten in die dichtgedrängten A-Gebiete zielt.

Im Jordantal ist diese Verdrängungspolitik besonders wirkungsmächtig. Etwa 90% des Tals sind als C-Gebiet deklariert: Wo es keine Siedlungen gibt, die eine umfangreiche Sicherheitszone um sich beanspruchen, gibt es geschlossene Militärgebiete und Naturschutzgebiete – alles no go areas für Palästinenser. In den letzten Jahren werden die palästinensischen Dorfgemeinden immer mehr von den sich ausbreitenden Siedlungen bedrängt, deren wachsende Agrarflächen hauptsächlich von miserabel bezahlten thailändischen ArbeiterInnen mit befristeten Aufenhaltsgenehmigungen gepflegt werden.

Gleichzeitig gibt es für notwendige Infrastrukturmaßnahmen kaum eine Genehmigung. Damit können etwa keine Brunnen gebohrt, keine Kindergärten gebaut werden. Als Folge ist das Gros der Haushalte ist weder an das Wasser-, noch an das Stromnetz angeschlossen, und der Haupteinkommenszweig, die Landwirtschaft, lahmt. Die etwa 20.000 palästinensischen Bauern des Jordantals sind damit zur Armut verdammt.

Die Konfliktsituation in der Projektregion ist nicht nur durch Verdrängung gekennzeichnet, sondern kann auch soziökonomisch gemessen werden. Aufgrund der Jahrzehnte andauernden Vernachlässigung und der administrativen Restriktionen leiden die Gemeinden unter Unterentwicklung, Arbeitslosigkeit, allgemeiner Marginalisierung und Migration.

Das Projekt des medico-Partners Union of Agricultural Work Committees (UAWC) unterstützt die bäuerliche Bevölkerung sowohl in ihrem Kampf gegen die Verdrängung durch die israelische Administration, als auch in dem Versuch, ihre (sozio-)ökonomische Marginalisierung zu überwinden. Damit die Bevölkerung sich nicht verdrängen lässt, werden die Grundlagen für die nachhaltigere landwirtschaftliche Produktion gelegt. 45 Bauernfamilien erhalten Treibhäuser, 10 Familien Viehhütten und weitere 65 Hilfen bei der Bewässerung. Insgesamt etwa 1.000 Menschen profitieren von diesem Projekt, dessen Gesamtvolumen 180.000 € beträgt und das durch die Unterstützung des Deutschen Auswärtigen Amts möglich geworden ist.

Das Projekt wurde am 16. Februar 2010 durch den palästinensischen Ministerpräsidenten Salam Fayyad und den Staatssekretär im Auswärtigen Amt Wolf-Ruthart Born eröffnet. Die breite Berichterstattung trägt hoffentlich dazu bei, dass sich sowohl das Ausland als auch die Palästinensische Autonomiebehörde in Ramallah der Sache der marginalisierten Bewohner des Jordantals und der C-Gebiete insgesamt annehmen. Das palästinensische Massenblatts Al-Quds titelte am 17.02.: "Fayyad: Das Festhalten an und das Bleiben auf dem Land stellen unseren Widerstand dar".

Projektstichwort

Für die Arbeit unserer Partnerorganisation Union of Agricultural Work Committees (UAWC) im Jordantal bitten wir um Spenden unter dem Stichwort: Israel-Palästina

 

Veröffentlicht am 20. Februar 2010

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