Eine positive Jahresbilanz 2005 kann die Frankfurter Hilfsorganisation medico international vorlegen. Mit über drei Millionen Euro Spenden ist dies das höchste Ergebnis seit vielen Jahren. Mit 700.000 Euro schlagen dabei die Tsunami-Spenden zu Buche. „Eine Summe, die sich im Vergleich zu anderen Organisationen eher bescheiden ausnimmt“, so der Geschäftsführer von medico international, Thomas Gebauer. „Nach einer zurückhaltenden Öffentlichkeitsarbeit konnten wir damit jedoch gemeinsam mit unseren Partnern in Sri Lanka und Indien angemessene Programme ohne Abwicklungsdruck umsetzen.“ Neben Wiederansiedlungsprojekten in der srilankischen Bürgerkriegsregion und dem Wiederaufbau von Gesundheitszentren in Südindien wurden die Spenden insbesondere zur Stärkung der lokalen Zivilgesellschaft eingesetzt. „Wir wollten unsere Partner vor Ort in die Lage versetzen, sich mit eigener Stimme in den Wiederaufbauprozess einzubringen. In der Theorie wird viel von Partizipation gesprochen. In der Praxis geht das oft nicht über die Befragung der direkt Betroffenen zu baulichen Details der Notunterkünfte hinaus“, so Thomas Gebauer. Partizipation, so der medico-Geschäftsführer, bedeute aber auch ein Mitsprache-Recht bei den strategischen Fragen des Wiederaufbaus. „Die Erfahrungen aus den Tsunami-Hilfsaktionen haben gezeigt, dass eine wirksame und nachhaltige Hilfe vor Ort starker lokaler Partner bedarf, dass die Entscheidung über Mittelverwendung und Bedarfsfeststellung unter Einbeziehung aller gesellschaftlicher Kräfte stattfinden muss und sich nicht allein auf die offiziellen Stellen reduzieren darf, und dass langfristige Unterstützung, die Rückschläge und Veränderungen im Projektgeschehen in Kauf nimmt, gesichert werden muss.“ Wer diese Tsunami-Lektionen ernst nähme, der müsse mit den Mythen von der Notwendigkeit „schneller Hilfe“ oder der tonnenweisen Verschickung von unbrauchbaren Sachspenden aufräumen. Notwendig sei eine „katastrophenpolitische Bildungsarbeit“, damit sinnvolle Hilfe geleistet würde statt publicityträchtige Aktionen zu befördern, die vor allen Dingen auf den Spendenmarkt ausgerichtet sind.
60 Hilfsprojekte im Jahr 2005
medico international hat im Jahr 2005 insgesamt über 5 Millionen Euro aus Spenden und Zuschüssen für mehr als 60 Projekte in Asien, Afrika und Lateinamerika aufgewendet. Neben Projekten in den Tsunami-Regionen wurden für Programme in Afghanistan, Israel - Palästina, Angola und Nicaragua die höchsten Summen ausgegeben.
Miroslav Klose gegen Landminen
Für Furore sorgte 2005 das „virtuelle Minenfeld“ des Frankfurter Künstlers Peter Zizka, das medico an verschiedenen Orten ausstellte und dessen Elemente gegen eine Spende zugunsten des Minenopferfonds im Internet erhältlich sind. Die gemeinsame Kunst- und Spendenaktion erhielt die wichtigsten deutschen und europäischer Designer-Preise und setzt eine lange Tradition der Hilfsorganisation im Kampf gegen Landminen fort. Jüngster prominenter Unterstützer der von medico und anderen deutschen Hilfsorganisationen getragenen Kampagne zum Verbot aller Landminen ist der deutsche WM-Star Miroslav Klose. Auf den Infoscreen-Tafeln in der Frankfurter U-Bahn wird er am Freitag mit seinem Bild zum Kampf gegen Minen aufrufen.
Dramatische Lage in Sri Lanka
Hilfe agiert unter höchst komplexen Umständen. Jüngstes und dramatisches Beispiel ist die Situation in Sri Lanka. Die medico-Partner in Sri Lanka, so der medico-Verantwortliche Thomas Seibert, der mehrfach Sri Lanka im vergangenen Jahr bereiste, fürchten, dass die kriegsähnlichen Konflikte auf ähnlich brutalem Niveau ausgetragen werden wie in den 80er Jahren des vergangenen Jahrhunderts. Bereits jetzt hat der von allen Seiten ausgeübte Terror hunderte ziviler Opfer gefordert. Die Chance nach dem Tsunami auch die Bürgerkriegskriegregion im Nordosten des Landes wirtschaftlich zu entwickeln, sei nicht genutzt worden. Stattdessen hat die ungerechte Verteilung der Hilfsmittel zu ungunsten der vorwiegend tamilisch bewohnten Regionen zum Wiederaufflammen des Bürgerkriegs beigetragen. Thomas Seibert kritisierte die europäische Union, die mit der einseitigen Parteinahme gegen die Tamile Tigers „ohne Not Öl ins Feuer gegossen hat.“ Die srilankischen medico-Partner werden, so weit wie möglich, ihre Arbeit fortsetzen. Ihre Hilfsbemühungen sind jedoch von dem Konflikt erheblich beeinträchtigt.
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