Antibiotika-Resistenz

Aus der Traum

Die zunehmende Unwirksamkeit von Antibiotika hat schwerwiegende gesundheitliche Folgen und politische Ursachen.

Globale Gesundheit gehört erklärtermaßen zu den Kernanliegen der deutschen Bundesregierung. Als Gastgeberin des G7-Gipfels 2015 auf dem bayerischen Schloss Elmau folgte sie der Tradition dieses Zusammenschluss großer Industrienationen und setzte Gesundheitsthemen auf die Tagesordnung:

Verbesserung der Gesundheit von Kindern und Müttern, Bekämpfung vernachlässigter und armutsassoziierter Tropenkrankheiten, Stärkung von Gesundheitssystemen und Eindämmung der zunehmenden Antibiotikaresistenzen. Allesamt wichtige und unterstützenswerte Anliegen, die zur Armutsminderung und globalen Entwicklung beitragen können – vorausgesetzt, die Maßnahmen werden den komplexen Herausforderungen gerecht.

Hier sind allerdings Zweifel angebracht. So zielen etwa die Vorschläge zur Eindämmung der zunehmenden Antibiotikaresistenzen ausschließlich auf biomedizinisch-technologische Lösungsansätze ab. Es bleibt außen vor, dass sich Antibiotika-Resistenzen vor allem dort entwickeln, wo wirtschaftliche Interessen die Gesundheitspolitik dominieren und die öffentliche Daseins- und Gesundheitsfürsorge dem ökonomischen Primat untergeordnet ist.

Aus der Traum!

Dr. Dr. Jens Holst, Mai 2015

Antibiotika sind aus der heutigen Medizin nicht mehr wegzudenken. Sie erlauben die wirksame und ursächliche Therapie von Infektionen und tragen erheblich dazu bei, lebensbedrohliche Krankheiten zu beherrschen. Üblicherweise versteht man unter Antibiotika solche Medikamente, die gegen Bakterien wirksam sind. Die Hilfsorganisation Brot für die Welt (2015) weist aber darauf hin, dass auch Wirkstoffe gegen Pilze, Viren oder Parasiten zu dieser Gruppe gehören – auch hier treten Resistenzentwicklungen auf. Immer mehr Krankheitserreger sind unempfindlich gegenüber verfügbaren Antibiotika.

Weltweit warnen Experten vor der Ausbreitung von Resistenzen und deren Folgen für die moderne Medizin. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) spricht bereits von einer „postantibiotischen Ära", in der einfache Infektionen wieder zur tödlichen Gefahr werden können (Reardon 2015). 2014 legte sie eine detaillierte Analyse der Resistenzentwicklung in verschiedenen Weltregionen und bei bestimmten Bakterien vor (WHO 2014). Mittlerweile haben die US-amerikanischen Centers for Disease Control and Prevention und der britische National Health Service explizite Warnungen vor Antibiotika-Resistenzen herausgegeben (NHS 2015; CDC 2013).

Auch in Deutschland stehen multiresistente Keime und Resistenzen zunehmend auf der Tagesordnung. Der plötzliche Alarmismus überrascht allerdings angesichts der Tatsache, dass es schon lange klare Hinweise auf zunehmende Antibiotikaresistenzen gibt (Schröder et al. 2003). Ein besonderer Fokus liegt hierzulande auf Krankenhausinfektionen, wie auch die Initiative Deutsche Antibiotika-Resistenzstrategie (DART) der Bundesregierung betont. Die Deutsche Gesellschaft für Krankenhaushygiene (DGKH) hat denn auch gleich Lösungen parat: Mehr Investitionen in Gebäude und Ausstattung von Krankenhäusern, mehr Personal vor allem auf Intensivstationen und größeres Gewicht der Krankenhaushygiene in der Medizinerausbildung. Und die Deutsche Gesellschaft für Innere Medizin fordert mehr Weiterbildungsstellen für Infektionsexperten und mehr Arbeitsplätze in Krankenhäusern.

Ende März 2015 legte Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe einen Aktionsplan zur Bekämpfung resistenter Erreger vor (BMG 2015), der zwar einige wichtige Maßnahmen auflistet, aber ausschließlich auf die Bekämpfung von Symptomen abzielt. Offenbar sieht das Ministerium den Ausweg aus der Resistenzfalle in technologischer Weiterentwicklung, sei es durch Verbesserung der Hygiene, Datenerfassung, Fortbildung oder Pharma-Forschung. Wie die DART Strategie der Bundesregierung bezieht sich der Plan des Gesundheitsministeriums vorrangig auf das Krankenversorgungssystem. Allein die „One-Health“-Idee, die koordinierte Förderung und Erhaltung der Gesundheit im Human-, Tier- und Umweltbereich, steht für einen etwas breiteren Ansatz.

10-Punkte-Plan des Bundesministeriums für Gesundheit

1.       Ausbreitung multiresistenter Erreger verhindern

2.       Hygienestandards in allen Einrichtungen weiter ausbauen

3.       Bessere Informationen zur Hygienequalität in Krankenhäusern

4.       Meldepflichten zur Früherkennung resistenter Erreger verschärfen

5.       Verpflichtende Fortbildung des medizinischen Personals

6.       Versorgungsforschung zur Vermeidung nosokomialer Infektionen verbessern

7.       "One-Health"-Gedanken stärken: Aktualisierung der Deutschen Antibiotika-Resistenzstrategie

8.       Forschung und Entwicklung neuer Antibiotika ermöglichen (Pharmadialog)

9.       Deutsche globale Gesundheitspolitik zur Bekämpfung von Antibiotika-Resistenzen nutzen

10.    Antibiotika-Resistenzen durch Kooperation der G7 bekämpfen

Aber auch sie lässt die gebotene Komplexität vermissen – schließlich beschränken sich die Ursachen für die Zunahme multiresistenter Keime keineswegs auf die Human- und Tiermedizin. Weder der Aktionsplan des BMG noch die interministerielle DART-Strategie lassen eine hinreichende Berücksichtigung der globalen Perspektive und Hinweise auf entsprechende internationale Strategien erkennen. Hier bleibt abzuwarten, wie sich Bundesregierung die Nutzung der globalen Gesundheitsstrategie und die Kooperation der G7 zur Bekämpfung der Resistenzen konkret vorstellt.

Medizinisch-technologische Ansätze sind unzureichend

Vor möglichen Resistenzen warnte schon Alexander Fleming, der Entdecker des ersten Antibiotikums Penicillin. Denn die Natur erweist sich immer wieder als höchst flexibel und überlebensfähig, auch auf der Ebene kleinster Lebewesen. Allerdings hat der Mensch erheblich zur Resistenzentwicklung bei Antibiotika beigetragen. Als wesentliche Ursache für die mittlerweile als bedrohlich eingeschätzte Entstehung von Resistenzen gegenüber verfügbaren Antibiotika gilt gemeinhin der übertriebene, nicht gerechtfertigte - also „irrationale“ Einsatz dieser Arzneimittel in der Medizin, sei es durch Unter- oder Fehldosierung, unspezifischen Gebrauch oder durch falsche Indikationsstellung (DAK 2014).

Obwohl 85 % aller Infekte der oberen Atemwege durch Viren verursacht sind, verordnen Ärzte bei Erwachsenen und vor allem bei Kindern häufig antibakterielle Substanzen. Bei niedergelassenen Ärzten hängt die Vergütung von der Zahl der Patientenkontakte ab, nicht aber von der Zeit, die sich Ärzte für jeden Einzelnen nehmen. Ohne Änderung dieses Systems ist es unrealistisch, eine ausführliche Patientenaufklärung an Stelle einer schnellen Antibiotika- Verordnung zu erwarten.

In Krankenhäusern und vor allem auf Intensivstationen ist die Verwendung von Antibiotika gestiegen, obwohl sich die Häufigkeit der dort erworbenen Infektionen seit 1994 gar nicht verändert hat (Behnke et al. 2013). Der Einsatz unspezifischer Breitbandantibiotika bei schwerkranken Patienten hilft zwar günstigenfalls bei der Bekämpfung der Erreger, trägt aber auch zur Resistenzentwicklung bei anderen Bakterienbei.

So berechtigt die Forderung auch ist, Ärzte mögen weniger und vor allem gezielter Antibiotika verordnen und stattdessen ihre Patienten ausführlich über andere hilfreiche Maßnahmen aufklären – sie läuft ins Leere, solange die Arbeits- und Honorarbedingungen eine andere Richtung vorgeben. Fortbildungen können nur bedingt zu rationalerem Antibiotikaeinsatz und vor allem zu konsequenter Einhaltung von Hygienemaßnahmen beitragen. Auch gezielte Aufklärungskampagnen für Patienten tragen zu kurzfristigen Senkungen der Antibiotikaeinnahme bei, bewirken aber keine dauerhaften Änderungen des Wissens über oder der Einstellung zu Resistenzen (Formoso et al. 2013). Insgesamt dürfte die Wirkung rein humanmedizinischer Verbesserungsvorschläge gering bleiben.

In den Ländern des globalen Südens sind die Herausforderungen weitaus komplizierter. Das dortige Nebeneinander ausgefeilter medizinischer Versorgungssysteme für die Oberschicht mit einer rudimentären, vielfach auf Selbstzahlungen beruhenden Versorgung für die Bevölkerungsmehrheit begünstigt die Resistenzentwicklung gleich doppelt. Im Privatsektor fördert ein großzügiges und vielfach eher pekuniären Interessen als strengen Indikationsvorgaben folgendes Verschreibungsverhalten die Entwicklung von Multiresistenzen.

Am unteren Ende der gesellschaftlichen Pyramide führen fehlende soziale Absicherung im Krankheitsfall, Arzneimittelknappheit in öffentlichen Gesundheitsposten und Armut zu unzureichenden Antibiotikabehandlungen: Die Betroffenen haben kein Geld für eine vollständige Behandlung und brechen die Antibiotikagabe vorzeitig ab. Teils aggressive und irreführende Arzneimittelwerbung, halb- oder illegale Geschäfte mit Arzneimitteln, Klientelpolitik und fehlende Kontrollen fördern zusätzlich die unsachgemäße Verwendung von Antibiotika und damit die Entstehung von Resistenzen. Die wachsende Verbreitung gefälschter Arzneimittel mit unzureichender Wirkstoffmenge wird die Entstehung von Multiresistenzen weiter begünstigen (Kelesidis et al. 2007: 216).

Keine bloße Frage der Veterinärmedizin

Der „One-health-Ansatz“ der Bundesregierung und der Europäischen Kommission (2011) ist als Schritt in die richtige Richtung zu begrüßen, denn auch von der Landwirtschaft geht ein großes Gefahrenpotenzial aus. In der Massentierhaltung kommen erhebliche Antibiotikamengen zum Einsatz, um überzüchtete Masttiere mit stark geschwächter Immunabwehr unter extrem gesundheitsschädigenden Haltungsbedingungen lange genug am Leben zu halten, bis sie ihr optimales Schlachtgewicht erreicht haben.

So sind Beschäftigte in der Landwirtschaft häufig Träger multiresistenter Erreger, aber auch die Konsumenten von Fleischprodukten aus der Intensivtierhaltung sind durch die Belastung mit Antibiotika gefährdet. Zudem gelangen die von Tieren ausgeschiedenen Antibiotika und ihre Abbauprodukte über die Gülledüngung landwirtschaftlich genutzter Flächen und in vielen anderen Ländern der Erde über die Bewässerung mit mangelhaft oder gar nicht geklärtem Abwasser in die Umwelt. Regelmäßiger Antibiotikaeinsatz in der Agroindustrie fördert die Resistenzentwicklung, die Ausbreitung der verantwortlichen Gene in die Umwelt und die Übertragung gefährlicher Keime auf den Menschen.

Der Wissenschaftliche Beirat für Agrarpolitik beim Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft widmet sich ausführlich dem Thema der Antibiotikaresistenzen und konstatiert „erhebliches Potenzial zur Reduktion des Antibiotikaeinsatzes beim Masthuhn ohne Einbußen bei der Tiergesundheit“ (BMEL 2015: 147). Das 2015er Gutachten weist darauf hin, dass Tier- im Unterscheid zu Humanmedizinern Arzt und Apotheker in einer Person sind und die von ihnen verordneten Arzneimittel selber verkaufen. Der Beirat empfiehlt u. a. eine Änderung dieser Regelung – in der Antibiotika-Strategie der Bundesregierung sucht man solche und andere konkreten Vorschläge vergeblich.

Nicht zur Sprache kommt auch das Problem, dass Antibiotika weltweit nicht nur zur Behandlung erkrankter Tiere, sondern in großem Maße auch präventiv zum Einsatz kommen. Überzüchtung und nicht artgerechte Haltung erhöhen die Infektionsanfälligkeit und damit die Erkrankungs- und Sterberaten. Die Bedingungen in vielen Mastbetrieben sind dermaßen gesundheitsschädigend, dass die Tiere ohne ständigen Griff in den Arzneischrank massenhaft verenden und die Renditeerwartungen drastisch verringern würden. Darüber tragen Antibiotika auch direkt zur Gewinnmaximierung bei: In niedriger Dosierung beschleunigen sie die Gewichtszunahme bei Masttieren bei geringerem Futterbedarf.

In der Europäischen Union ist die Anwendung von Gyrasehemmern und anderen antibakteriellen Medikamenten zur Mastbeschleunigung zwar seit 2006 verboten, lässt sich aber kaum ausschließen. In weiten Teilen der Welt ist sie weiterhin gängige Praxis. Solange man die grundlegenden Produktionsbedingungen der Agrarindustrie nicht einbezieht, bleibt der „One-Health“-Ansatz im human- und veterinärmedizinischen Bereich nichts als Herumdoktern an Symptomen und ohne erfolgversprechende Behandlungsaussichten.

Korruption und private Gesundheitsfinanzierung

Insgesamt erfordert ein konsequentes Vorgehen gegen zunehmende Antibiotikaresistenzen einen erheblich komplexeren Ansatz und die angemessene Berücksichtigung wichtiger politischer Rahmenbedingungen. Wesentliche Ursachen für die weltweite Resistenzzunahme sind jenseits des weltweiten Antibiotika-Gebrauchs in Medizin und Landwirtschaft zu suchen. So zeigt eine Untersuchung der Resistenzlage in 28 europäischen Ländern, dass ein Zusammenhang zwischen dem Ausmaß der Korruption und der Entstehung von Multiresistenzen besteht. Außerdem korreliert die Resistenzentwicklung mit dem Umfang der privaten Gesundheitsausgaben in einem Land.

Die Resistenzlage hängt stärker mit Korruption privater Gesundheitsfinanzierung zusammen als mit dem Einsatz von Antibiotika in der Human- und Veterinärmedizin. Dieses ebenso bemerkenswerte wie bisher unbeachtete Ergebnis weist andere wichtige Ansatzpunkte auf, wie der Resistenzentwicklung zu begegnen ist. Entscheidend für einen konsequenten, rationalen und somit resistenzvermeidenden Gebrauch von Antibiotika sind demnach gute „Regierungsführung“ (Governance) und hinreichende öffentliche Gesundheitsfinanzierung (Collignon et al. 2015).

Die Folgen zusammenbrechender Regierungs- und Sozialsysteme waren in besonders dramatischer Form nach dem Ende der Sowjetunion zu beobachten, in deren Nachfolgestaaten es unter anderem zu einem drastischen Anstieg der Tuberkulose- und HIV-Infektionen und in deren Folge zu einer starken Zunahme der Resistenzen gegenüber Tuberkulosemitteln (Institute of Medicine 2011) kam.

Je weniger ein Land die Korruption im Griff hat, desto schneller entwickeln sich Multiresistenzen gegenüber Antibiotika. Fehlende Durchsetzung von Bestimmungen, Mangel an effektiven Kontrollen und gängige schädliche Praktiken begünstigen die Entwicklung von Resistenzen sowie deren Ausbreitung und erschweren zugleich ihre Eindämmung.

Ein wirksames Vorgehen gegen Resistenzen erfordert also neben geringerem Antibiotikaeinsatz auch - und möglicherweise vor allem – wirksame Antikorruptionsmaßnahmen, die konsequente Ahndung krimineller Machenschaften und nicht zuletzt auch die wirksame Kontrolle der Unternehmens- und Marketing-Strategien der Pharmaindustrie. Die weltweit zunehmende Auflösung der öffentlichen Daseins- und Gesundheitsfürsorge und Unterordnung aller gesellschaftlichen Fragen unter das ökonomische Primat der Profitorientierung verringert zusehends den politischen Handlungsspielraum im öffentlichen Interesse.

„Effektive Strategien zur Eindämmung der Resistenzentwicklung müssen daher auch die sozialen Sicherungssysteme einbeziehen und die globale Tendenz zur Privatisierung der Gesundheitsausgaben umkehren.“

Bedenkenswert ist auch der Zusammenhang zwischen Gesundheitsfinanzierung und Resistenzentwicklung: Je mehr die Menschen in einem Land über Privatversicherungsbeiträge oder Zuzahlungen aus der eigenen Tasche bezahlen müssen, desto eher entwickeln sich Antibiotikaresistenzen. Das dürfte zum einen an finanziellen Anreizen zur stärkeren und längeren Verwendung von Breitspektrum-Antibiotika und zum anderen an grundlegenden Transparenz-und Kontrollproblemen im privaten Gesundheitssektor liegen. Im globalen Süden verschärft die armutsbedingt zu kurze Antibiotikaeinnahme zusätzlich das Risiko für Antibiotika-Resistenzen. Effektive Strategien zur Eindämmung der Resistenzentwicklung müssen daher auch die sozialen Sicherungssysteme einbeziehen und die globale Tendenz zur Privatisierung der Gesundheitsausgaben umkehren.

„Wer die Versorgung der Bürger dem Gesundheitsmarkt überlässt, wer profitorientierte Landwirtschaftsmonopole fördert anstatt mit regionalen, kleinbäuerlichen Erzeugerstrukturen die Ernährung der Weltbevölkerung nachhaltig zu sichern, wer sich von der Pharma-Industrie leiten oder sogar manipulieren lässt, erzeugt schwerlich Vertrauen, das wachsende Multiresistenzproblem lösen zu können.“

Globale Kampagnen gegen Antibiotika-Resistenzen wie der Draft global action plan on antimicrobial resistance (WHO 2014) und die Ansätze eines internationalen Rahmenabkommens gegen Antibiotikaresistenzen (Hoffmann et al. 2015) verharren allerdings in dem von Fachspezialisten dominierten, technokratischen und eingeschränkten Ansatz. Eine erfolgversprechende Strategie gegen zunehmende Antibiotikaresistenzen muss also erheblich vielschichtiger sein als die gängigen, primär biotechnologischen Lösungsansätze.

Ohne Berücksichtigung der Komplexität der Herausforderungen und eine enge Verknüpfung nationaler Ansätze mit globaler Gesundheitspolitik wird sich die weltweite Resistenzentwicklung schwerlich aufhalten lassen. Und solange Handels- und Investitionsabkommen wie CETA und TTIP den Schutz von Unternehmen und ihrer Renditen über den Schutz der Bevölkerung vor gesellschaftlich und gesundheitlich schädlichen Folgen der neoliberalen Gewinnmaximierung stellen, bleiben die Aussichten im Kampf gegen Antibiotikaresistenzen trübe.

Wer die Versorgung der Bürger dem Gesundheitsmarkt überlässt, wer profitorientierte Landwirtschaftsmonopole fördert anstatt mit regionalen, kleinbäuerlichen Erzeugerstrukturen die Ernährung der Weltbevölkerung nachhaltig zu sichern, wer sich von der Pharma-Industrie leiten oder sogar manipulieren lässt, erzeugt schwerlich Vertrauen, das wachsende Multiresistenzproblem lösen zu können. Das sollte die Bundesregierung bedenken, wenn sie auf der globalen politischen Bühne Verantwortung für die Überwindung des Resistenzproblems übernehmen will, so wie beim G7-Gipfel 2015 in Deutschland. Erforderlich ist eine Politik, die nicht bloß die Verhältnisse wiederherstellt, die zu den gefährlichen Multiresistenzen gegenüber Antibiotika geführt haben, sondern deren vielschichtige Ursachen beseitigt.

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Veröffentlicht am 02. Juni 2015

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