Film

"No Fire Zone" gewinnt Publikumspreis des Nürnberger Menschenrechtsfestivals

medico fordert unabhängige Untersuchung über Kriegsverbrechen auf Sri Lanka

Der auf medico-Vorschlag präsentierte Film des britischen Regisseurs Callum Macrae montiert Aufnahmen, die Opfer und Täter der Massaker auf Sri Lanka mit ihren eigenen Handys und Kleinkameras angefertigt haben. Er liefert erschütternde Beweise für die massiven Kriegsverbrechen der srilankischen Armee. medico und internationale Menschenrechtsaktivist/innen fordern eine internationale unabhängige Untersuchung der letzten Kriegsmonate wie der aktuellen Menschenrechtssituation auf Sri Lanka.

 

Das Video wird erst nach dem Anklicken geladen. Dazu baut ihr Browser eine direkte Verbindung zu Youtube-Servern auf. Mehr Informationen erhalten Sie in unserer Datenschutzerklärung.

 

Hintergrund des Films ist die Schlussphase des dreißigjährigen Bürgerkriegs auf Sri Lanka, der 2009 mit der völligen Vernichtung der Tamil Tiger-Rebellen endete. Beginnend im Herbst 2008 trieb die srilankische Armee über 300.000 Menschen aus dem Landesinneren auf die Ostküste zu und kesselte sie schließlich auf einem schmalen Küstenstreifen ein. Obwohl das Gebiet zur „No Fire Zone“ erklärt wurde, setzte die Armee die in provisorischen Zeltlagern zusammengetriebenen Zivilist/innen von Land, von der See und aus der Luft unter Dauerbeschuss. Nach Schätzungen der UN starben dabei 40.000 bis 70.000 Menschen.

Obwohl Regierungen überall auf der Welt wussten, was sich über Monate hinweg zutrug, beschränkte sich die mediale Berichterstattung auf die letzten Kriegstage. Der Film „No Fire Zone“ unterbricht dieses ungeheure Schweigen. Er nutzt dazu Bilder und Bildsequenzen, die unmittelbar Beteiligte – Opfer und Täter – angefertigt haben, während des Geschehens, mit Handys und kleinen Kameras. Sie zeichnen die Chronologie des Grauens nach, beginnend mit dem Rückzug der UN im September 2008 und endend im April 2009, mit dem Abtransport der Überlebenden in dann monatelange Lagerhaft. Die zum Teil schwer zu ertragenden Bilder werden durch Interviews mit Beteiligten und Expert/innen erläutert; besonders beindruckend ist das Gespräch mit einem ehemaligen UN-Mitarbeiter, der der UN nicht nur wegen ihres Rückzugs aus dem Kampfgebiet eine schwerwiegende Mitverantwortung für das Geschehen attestiert.

An die gut besuchte Vorführung des Films am Sonntag, dem 6. Oktober schloss sich eine Veranstaltung an, auf der Filmemacher Callum Macrae und medico-Südasienreferent Thomas Seibert Hintergrundinformationen zur Geschichte des Krieges und zur aktuellen Lage gaben und sich den Fragen der Zuschauer/innen stellten. Den am folgenden Dienstag verliehenen Preis nahm Andrea Weber als Sprecherin der Nürnberger medico-Regionalgruppe entgegen und unterstrich dort noch einmal die Notwendigkeit einer internationalen unabhängigen Untersuchung.

"Ohne Wahrheit wird es auf Sri Lanka keine Gerechtigkeit geben"

Bisher wurde der Film vor allem Regierungen und Parlamenten präsentiert, von denen sich die Opfer Unterstützung erhoffen. „Ohne Wahrheit wird es auf Sri Lanka keine Gerechtigkeit geben, und ohne Gerechtigkeit keinen Frieden“, sagt Callum Macrae, „unser Film trägt dazu bei, dass die Wahrheit wenigstens erzählt wird.“

medico plant, „No Fire Zone“ unmittelbar nach der Neukonstitution des Bundestages den für Sri Lanka zuständigen Ausschüssen zu präsentieren. „Wir wollen, dass sich Parlament und Regierung stärker als bisher für eine internationale unabhängige Untersuchung einsetzen“, sagt Thomas Seibert. „Auch wenn es dabei in erster Linie um die Verbrechen der srilankischen Regierung und Armee geht, wird auch von der Mitverantwortung der UN und westlicher Regierungen zu reden sein. Die Massaker auf Sri Lanka waren Teil des globalen ‚War on Terror‘, und deshalb hat die sog. ‚internationale Gemeinschaft‘ willentlich weggeschaut und geschwiegen.“

Seit vielen Jahren unterstützt medico auf Sri Lanka Menschenrechtsaktivist/innen, die sich unter Risiko ihres eigenen Lebens an der Seite der Kriegsvertriebenen und –hinterbliebenen engagieren. „Aus Sicherheitsgründen können wir leider nur sehr wenig von der eindrucksvollen Arbeit unserer Partner/innen vor Ort berichten und meist nicht einmal ihre Namen nennen. Um dennoch Einblicke in die Situation auf Sri Lanka zu gewähren, unterhalten wir die Website www.lanka-advocacy.org, auf der sich immer auch Beiträge unserer Partner/innen finden.“

Nächster Schwerpunkt der Advocacyarbeit von medico ist die im März 2014 angesetzte Tagung des UN-Menschenrechtsrats. Nachdem zwei UN-Resolutionen von der Regierung in Colombo nahezu vollständig missachtet wurden, fordern Menschenrechtsaktivist/innen aus aller Welt die Einsatzung einer unabhängigen internationalen Untersuchungskommission. Die Vorführung von „No Fire Zone“ dient der Einwerbung von Unterstützung vor allem durch Länder Asiens, Afrikas und Lateinamerikas.

Veröffentlicht am 09. Oktober 2013

Jetzt spenden!