Xenophobie

Migrationspolitik in Südafrika

Die Angriffe im April 2015 gegen Ausländer in Südafrika finden statt vor dem Hintergrund einer repressiven Migrationspolitik. Schon 2008 entlud sich die Gewalt gegen Migrant_innen am Kap.

2008, als das erste Mal eine Welle der xenophoben Gewalt über Südafrika hinwegfegte, warnte die Khulumani Support Group, ein medico-Partner, der die Überlebenden der Apartheid organisiert: „Die Regierung sagt, es ist ein krimineller Mob, der die Flüchtlinge attackiert hat. In Wahrheit trägt die südafrikanische Regierung die Verantwortung, die hat die Flüchtlinge völlig im Stich gelassen, sie in die ärmsten Townships des Landes geschickt, sie drangsaliert und kriminalisiert." Xenophobie ist auch ein Problem der südafrikanischen Regierung, so Khulumani.

In den sieben Jahren, die seither vergangen sind, hat die Regierung wenig unternommen, um die Integration von Flüchtlingen zu verbessern. Im Gegenteil. Die südafrikanische Regierung zeigt kein Engagment, für eine menschenwürdige Unterbringung der Flüchtlinge zu sorgen. Diese versuchen auf eigene Faust in den Armenvierteln unterzukommen, wo sie auf Südafriker_innen treffen, deren Lage ohnehin sehr prekär ist. Millionen leben auf engem Raum zusammen, in oft selbstgebauten Hütten, wo es oft weder Strom noch Wasser gibt.

Zwischen 2008 und 2012 wurden in keinem Land der Welt so viele Asylanträge gestellt wie in Südafrika. Führend bleibt Südafrika jedoch bei der Zahl der liegengebliebenen Fälle. Nahezu eine Viertelmillion Asylanträge war bei einer Erhebung Mitte vergangenen Jahres noch unbearbeitet. (Leonie March, Frankfurter Rundschau)

Anstatt nach politischen Lösungen zu suchen, lautet die Antwort der südafrikanischen Regierung: Abschottung des Landes nach europäischem Vorbild. Seit ein paar Jahren gilt auch am Kap die Drittstaatenregelung, Anlaufstellen in den Großstädten wurden geschlossen und an die Landesgrenzen verlegt. „Das erschwert es auch anerkannten Flüchtlingen, Anträge einzureichen, eine befristete Aufenthaltserlaubnis zu erneuern oder ihren Flüchtlingsausweis verlängern zu lassen“ (Leonie March).

Auch die Fluchtursachen – aus dem repressiven Nachbarland Simbabwe oder der verelendeten Demokratischen Republik Kongo – werden weiter negiert. Gabriel Shumba von unserem Projektpartner Zimbabwe Exiles Forum berichtet dazu: Die südafrikanische Regierung weigert sich bis heute zuzugeben, dass die Politik in Simbabwe überhaupt Flüchtlingsströme hervorruft. Nur die wenigsten werden daher als Flüchtlinge anerkannt. Mehr dazu  hier.

Flüchtlingsabwehr nach europäischem Vorbild

Viele Organisationen, darunter auch der medico Partner Zimbabwe Exiles Forum, kritisiert die Verschärfung der Einwanderungsgesetze und eine geplante Neuregelung für Asylanträge. Laut Regierung sollen damit Flüchtlinge leichter von Wirtschaftsmigranten unterschieden und Bearbeitungszeiten verkürzt werden. Erst vor wenigen Monaten hat die südafrikanische Regierung eine klare politische Haltung gegen Immigration bezogen. Drakonische Maßnahmen gegen illegale Migration wurden in das Gesetz aufgenommen. Das hat verheerende Folgen sogar für diejenigen, die bereits legalisiert sind. Die Arbeitserlaubnis wurde nicht mehr verlängert, Angehörige bekamen plötzlich kein Visum mehr ausgestellt.

Während südafrikanische Konzerne über den gesamten Kontinent expandiert und dort extreme Ausbeutungsverhältnisse schafft (wie zum Beispiel in den Diamantenminen von Sierra Leone), etabliert sich in Teilen der afrikanischen Mittelklasse und bei der armen Bevölkerung eine Art Nationalchauvinismus. Dieser, so der kamerunische Philosoph Achille Mbembe, dringt in alle gesellschaftlichen Bereiche ein, kreiert eine DNA des Ausschlusses, in dem die Fremden zu Sündenböcken gemacht werden und die Ursachen für den sozialen und ökonomischen Ausschluss der Mehrheitsbevölkerung negiert werden. Der Nationalchauvinismus hat einen Diskursraum geschaffen, in dem die Grausamkeiten legitimiert werden, der eine Pogromstimmung verbreitet. Die üblichen Stereotype werden verwendet: Sie sind schwärzer als wir, sie klauen unsere Jobs, sie respektieren uns nicht.

Die Pogromstimmung wird noch angeheizt von Führungsfiguren wie dem Sohn von Präsident Zuma, der offen xenophobe Äußerungen macht oder dem Zulu-Monarchen Zwelithini (siehe Bild), der in einem Interview vor kurzem sagte, die Ausländer müssen gehen. Viele Regierungsvertreter verhalten sich zweideutig, verurteilen zwar die Gewalt, leugnen aber deren xenophoben Charakter und behaupten, es seien kriminelle Elemente und Konkurrenzkämpfe, berichtet medico Kollegin Usche Merk aus Südafrika.

Doch es wäre nicht Südafrika, wenn sich nicht Widerstand zeigte: Eine Großdemo ist bereits in Planung:  #No1isIllegal #StopXenophobia #StandInSolidarity

Veröffentlicht am 20. April 2015

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