Erste Erfolge für das Network of Ex-Asylum Seekers

Aus Deutschland Abgeschobene organisieren sich und kritisieren Regierungen

Um die Rolle sierra-leonischer Behörden bei Abschiebungen zu diskutieren, fand sich Ende 2012 ein breites Spektrum zivilgesellschaftlicher Gruppen und Vertreter/-innen der Regierung Sierra Leones im Forum on Migration and Human Rights zusammen. Initiiert wurde das Treffen vom Network of Ex-Asylum Seekers Sierra Leone (NEAS). NEAS ist eine Selbsthilfe-Organisation von aus Deutschland Abgeschobenen, die von medico seit seiner Gründung 2011 unterstützt wird. Sie verfolgt das Ziel, der Stigmatisierung und Ausgrenzung der Abgeschobenen in ihrem Herkunftsland entgegen zu wirken.

Fragwürdige Botschaftsanhörungen

NEAS berichtete auf dem Migrationsforum, dass die Behörden Sierra Leones bei Abschiebungen aus Europa eine unrühmliche Rolle spielen: Sie stellen die notwendigen Dokumente zur Rückübernahme aus und ermöglichen dadurch die erzwungene Abschiebung. Dazu werden Asylsuchende in Deutschland einer sierra-leonischen Regierungsdelegation vorgeführt, deren Aufgabe es ist, zu prüfen ob es sich um eigene Staatsangehörige handelt. Vertreter/-innen von NEAS kritisierten, dass der deutsche Staat diese Abordnungen finanziert. Daher stellen die Delegationen allzu häufig „als Gegenleistung“ auch Reisepapiere für Geflüchtete aus, deren Herkunft unklar ist oder bei denen ihr Gesundheitszustand eine Abschiebung nicht erlaubt, so NEAS-Pressesprecher Mac-Adams Kamara. Dieser Vorwurf der Komplizenschaft zwischen den deutschen Behörden und der sierra-leonischen Auslandsvertretung löste eine engagierte Debatte im Migrationforum aus.

Erste Erfolge für NEAS

Inzwischen konnte gegenüber der Regierung Sierra Leones ein erster Erfolg erzielt werden: Die Regierungsvertreter/-innen luden NEAS ein, in Zukunft an einem internen Ausschuss zu Migration im Außenministerium teilzunehmen und versprachen ihre Kritik ernst zu nehmen und ihre Anliegen eingehend zu prüfen. Ebenfalls eingeladene Vertreter/-innen der Europäischen Union und der deutschen Botschaft waren dagegen nicht zu dem Treffen erschienen.

Mit Workshops, Foren und einer gezielten Pressearbeit gelingt es NEAS seit seiner Gründung, Schritt für Schritt ihrem Anliegen eine sichtbare Öffentlichkeit zu verschaffen: „Es hat eine Entwicklung stattgefunden, nach der NEAS-Mitglieder ihre Geschichte nicht mehr vor allem als Opfer von Migrationskontrolle in Europa erzählen. Heute sind wir aktiv daran beteiligt, im Austausch mit anderen Organisationen die gegenwärtigen Bedingungen zu kritisieren und zu verändern“, sagte Tejan Lamboi, einer der Gründer und langjähriger Unterstützer von NEAS.

Gemeinsam mit den anderen zivilgesellschaftlichen Organisationen schloss sich NEAS zum Civil Society Network on Migration and Human Rights zusammen, das gemeinsam kontinuierlich eine kritische Reflexion des Migrationsthemas vorantreiben möchte. Dazu setzen sie auch auf die Beteiligung der Behörden. Die Aktivist/-innen von NEAS werden als Teil der Zivilgesellschaft die Regierung an ihre Versprechen erinnern und den öffentlichen Druck aufbauen, der nötig ist, um für ihre Rechte als Abgeschobene zu kämpfen.

Sebastian Leierseder

Original-Texte und Interviews von NEAS

  • NEAS-Aktivist Tejan Lamboi berichtet, wie NEAS im Forum on Migration and Human Rights in Freetown die Regierung Sierra Leones dazu brachte, die Organisation ehemaliger Abgeschobener künftig an der Migrationspolitik zu beteiligen: „Deportees seek government accountability in deportation practice”
  • In der sierra-leonischen Radiosendung Radio Tea Break erklärt NEAS’ Projektkoordinator Paul Brima Bangura die politischen Ziele seiner Organisation und spricht über die schwierige Öffentlichkeitsarbeit in der sierra-leonischen Gesellschaft. Am Beispiel der skandalösen Zusammenarbeit zwischen sierra-leonischen Regierungsdelegationen und deutschen Ausländerbehörden zeigt er die Mitverantwortung der Regierung Sierra Leones für die Abschiebepraxis.
  • Im Radiointerview in der sierra-leonischen Politiksendung Radio Tea Break spricht der Pressereferant von NEAS, Mac-Adams Kamara über die Folgen von Abschiebungen, Stigmatisierung und die Rolle der Regierung Sierra Leones. Eindringlich beschreibt er im Gespräch, dass durch Abschiebungen Menschen nach Jahren des vergeblichen Wartens im deutschen Asylverfahren schließlich von ihren Familien in Deutschland getrennt werden. In Sierra Leone erwarten die Zurückgekehrten entwürdigende Vorwürfe, jedoch kaum Unterstützung, so Mac-Adams Kamara.
  • Die sierra-leonische Tageszeitung „The Satellite“ dokumentiert, wie es Aktivist/-innen von NEAS bei der öffentlichen Diskussion im Rahmen des Forum on Migration and Human Rights durch kritische Nachfragen gelang, politischen Handlungsdruck aufzubauen. So mussten die Regierungsvertreter sich zu ihrer Beteiligung an Abschiebungen äußern und gaben die Zusage für eine zukünftige Zusammenarbeit: „Civil Society Dialogue On Migration And Deportation“

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Veröffentlicht am 12. März 2013

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