Israel

Kritik unerwünscht

Transparenz als Scheinargument: Die israelische Regierung hat ein sogenanntes NGO-Gesetz verabschiedet. Ein weiterer Schritt in Richtung Ent-Demokratisierung.

Eigentlich betrifft das „NGO-Gesetz“ auch nicht NGOs, sondern lediglich 27 Organisationen, die fast alle dem linken politischen Spektrum zuzuordnen sind und sich mit Menschenrechten, der Besatzungs-, Flüchtlings- oder Sozialpolitik beschäftigen – darunter auch die medico-Partner Breaking the Silence, Physicians for Human Rights – Israel und Who Profits.

Das Gesetz soll nicht nur Zuschüsse ausländischer Staaten betreffen, sondern auch Gelder „ausländischer politischer Entitäten“. Ob darunter auch Organisationen wie medico international fallen, die Partner vor Ort mit Spendengeldern unterstützen, muss abgewartet werden, weil die abschließende Fassung des Gesetzes noch nicht veröffentlicht worden ist.

Für die Arbeit regierungskritischer Organisationen ist der Schaden jedoch sowieso nicht finanzieller Natur. Dana Golan, Vertreterin des medico-Partners Breaking the Silence in Deutschland, sagt dazu: „Es geht hier um den Verlust von Glaubwürdigkeit. Wenn immer erst auf ausländische Gelder zur Förderung unserer Arbeit hingewiesen werden muss, delegitimiert dies die Position, aus der wir sprechen.“

Da hilft es wenig, dass das Gesetz gegenüber früheren Entwürfen vergleichsweise milde ausfiel: Diese hatten unter anderem eine Begrenzung ausländischer Gelder, deren hohe Besteuerung oder das Tragen von Schildern für NGO-ArbeiterInnen vorgesehen, die sie in der Knesset als „ausländische Agenten“ markiert hätten.

Transparenz als Hauptgrund für das Gesetz ist ein Scheinargument: Vonseiten der israelischen Regierung wurde so getan, als hätten die betroffenen Organisationen ihre Finanzierungsquellen bisher verheimlicht. Premier Netanjahu sagte, das Gesetz solle „die absurde Situation abwenden, in der sich ausländische Staaten über die Finanzierung von NGOs in Israels innere Angelegenheiten einmischen, ohne dass die israelische Öffentlichkeit davon erfährt“.

Dazu sagt der medico-Partner Adalah, eine in Haifa ansässige Menschenrechtsorganisation: „Das ist ein groteskes Spiel. Sowohl die Minister als auch die Abgeordneten, die für das Gesetzt gestimmt haben, wissen sehr wohl, dass NGOs ohnehin gesetzlich dazu verpflichtet sind, […] all ihre Finanzierungsquellen gegenüber der staatlichen Registerstelle für gemeinnützige Vereinigungen offen zu legen und dass die Information sogar auf den Webseiten der Menschenrechtsorganisationen zu finden ist.“

Welche neue Information fördert das Gesetz also zutage, die nicht schon vorher verfügbar war? Was die Transparenz angeht, jedenfalls keine. Für Privatspenden, die die Haupteinnahmequellen politisch rechts gerichteter Organisationen sind, die der Siedlerbewegung und teilweise der Regierung nahe stehen, gilt das Gesetz übrigens nicht.

Veröffentlicht am 12. Juli 2016

Riad Othman

Riad Othman arbeitet seit 2016 als Nahostreferent für medico international von Berlin aus. Davor war er medico-Büroleiter für Israel und Palästina.

Twitter: @othman_riad


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