Stiftung medico international

Handlungsfähigkeit ausgebaut

Welche Wege zur finanziellen Absicherung der medico-Arbeit geht die medico-Stiftung? Fragen an Jens-Alexander von Bargen.

Jens-Alexander von Bargen ist stellvertretender Leiter der Finanz- und Verwaltungsabteilung im Verein medico international, in dessen Aufgabenbereich auch die Vorbereitung und Umsetzung von Anlageentscheidungen des Stiftungsvorstands fällt.

Die seit Jahren niedrigen Zinssätze stellen viele Stiftungen vor erhebliche Probleme. Wie sieht es bei der medico-Stiftung aus?

Besonders problematisch ist diese Entwicklung für kleinere Stiftungen. Größere Organisationen – und unsere Stiftung gehört gemessen an der Vermögenssumme zu den Größeren in Deutschland – sind in der Regel robuster und diversifizierter investiert. In unseren Anlagen sind wir nicht auf schnelle Rendite und schon gar nicht auf Spekulationsgewinne aus. Und weil Stifterinnen und Stifter das politische Anliegen der Stiftung in den letzten Jahren mit weiteren hohen Einlagen unterstützt haben, konnten wir die Handlungsfähigkeit der Stiftung erhalten und ausbauen. 

Wie wird bei medico über die Anlage des Vermögens entschieden?

Der Vorstand, der vom Stiftungskuratorium, dem Geschäftsführer sowie einigen Kolleginnen und Kollegen aus dem Verein beraten wird, trifft alle strategisch wichtigen Entscheidungen, worunter auch die Vermögensanlage fällt. Unsere Anlagerichtlinien legen ethisch-nachhaltige Kriterien fest, die weit über die amtlichen Vorgaben für Stiftungen hinausgehen. So schließen wir alle Anlageoptionen aus, die den Zielen der medico-Arbeit entgegenstehen. Natürlich bewegen wir uns in einem Spannungsfeld, da wir auf dem Finanzmarkt Erträge erzielen, in dessen heutiger Funktionsweise wir gleichzeitig eine der Ursachen ausmachen für die wachsende Kluft zwischen Arm und Reich. Gleichwohl tun wir das mit dem Zweck, unsere Arbeit für eine gerechte Weltordnung zu stärken. In diesem Balanceakt ist der stete Fachaustausch mit befreundeten Stiftungen, die ähnliche Ziele verfolgen und ebensolchen Widersprüchen ausgesetzt sind, äußerst hilfreich.

Welche Rolle spielt in diesem Zusammenhang das neue medico-Haus?

Wir haben das Stiftungsvermögen in der Vergangenheit überwiegend in nicht-thesaurierenden, gemischten Wertpapierfonds angelegt, die unseren Nachhaltigkeitskriterien entsprechen. Darunter der „Notenstein Sustainable Conservative Allocation EUR“ und der „Triodos Sustainable Mixed Fonds R-dis“. Andere Anlageformen sind Mitgliedschaftsanteile der GLS Bank oder festverzinsliche Produkte. In den vergangenen Jahren haben medico-Unterstützer*innen der Stiftung auch Immobilien vermacht. Mit dem Bau des medico-Hauses schichten wir das Stiftungsvermögens nun um und ziehen einen Großteil aus dem Finanzmarkt ab. Das bedeutet nicht, dass wir jetzt unter die Miethaie gehen. Wir werden in dem Haus für Frankfurt unterdurchschnittliche Büromieten verlangen, die uns und anderen sozialen Projekten Raum für ein Arbeiten an einer anderen Welt ermöglicht. So erhalten wir das Stiftungsvermögen und erzielen Erträge, um den Stiftungsauftrag zu erfüllen.

Warum sind Zustiftungen nach wie vor sinnvoll und notwendig?

In der Vorbereitung auf dieses Gespräch habe ich mit Menschen gesprochen, die unsere Stiftung von Anfang an begleitet, mit aufgebaut und sich auch finanziell eingebracht haben. Niemand hat „Renditeerwägungen“ als zentralen Entscheidungsfaktor für eine Stiftungseinlage genannt. Dennoch ist die Frage berechtigt, ob angesichts der geringen Renditen direkt einsetzbare Spenden momentan nicht die wirksamere Form der Unterstützung ist. Die Idee hinter der Stiftung war von Anfang an die, die Arbeit von medico langfristig abzusichern. Durch das mittlerweile vorhandene Volumen des Stiftungsvermögens kann sie dieser Aufgabe nachkommen. Klar ist aber auch: Mit jeder weiteren Zustiftung kann sie das noch besser tun. Aktuell bedeutet jeder Euro, der bis Ende 2017 neu ins Vermögen fließt, dass wir den Hausbau zu einem größeren Teil direkt aus liquiden Mitteln finanzieren können und weniger ältere, rentable Investitionen veräußern müssen. Und wie auch immer die Entwicklung in den kommenden Jahren aussehen mag: Ein größeres Stiftungsvermögen bedeutet ein Mehr an langfristiger Unterstützung für die Arbeit von medico.

Im Jahr 2005 förderte die Stiftung erstmals ein medico-Projektvorhaben, damals mit 7.250 Euro für ein einziges Projekt. Seitdem sind die jährlich zur Verfügung stehenden Fördersummen kontinuierlich nach oben gegangen: 2015 standen 120.000 Euro zur Verfügung, 2016 war es der Rekordbetrag von 280.000 Euro. Seit 2007 unterstützt die Stiftung zusätzlich auch die medico-Symposien, 2015 mit 20.000 Euro, 2016 mit 13.000. 

Veröffentlicht am 12. Dezember 2016

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